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Kultur: Herr Henri? Monsieur Heinrich!

Der Streit um Heines Pariser Ruhestätte

Der 20. Februar 1856, der Tag, an dem Heinrich Heine auf dem Friedhof Montmartre in Paris zu Grabe getragen wurde, war kalt und neblig. Nur ein kleiner Leichenzug folgte dem Sarg. Außer einigen deutschen Emigranten hatten sich ein paar französische Freunde des Dichters eingefunden. In seinem Testament hatte Heine den Montmartre als seine letzte Ruhestätte bestimmt, den Ort, wo er sein „liebstes Leben geführt“ habe. Das Begräbnis sollte „so wenig kostspielig wie das des geringsten Mannes“ sein. So gab es weder Reden noch Gebete, und schweigend umstanden die Trauergäste die Gruft. Alexandre Dumas weinte.

Eine Stele aus weißem Marmor mit einer Büste des Dichters steht heute an Heines Grab. Der Bildhauer Louis Hasselrijs hatte sie 1899 geschaffen. Mit ihren deutschen Inschriften hebt sie sich von anderen Grabsteinen ab. „Heinrich Heine“ ist darauf zu lesen, darunter „Frau Heine“. In die Umfassung ist das Gedicht „Wo wird einst des Wandermüden letzte Ruhestätte sein“ eingemeißelt. Auf dem ursprünglichen Grabstein hatte auf Französisch „Henri Heine“ und „Madame veuve“ gestanden. Mathilde, Heines „verwitwete Frau“, war auf den Tag genau 27 Jahre nach ihm gestorben.

Am Zustand des Grabs hatte sich Ende des 19. Jahrhunderts eine Polemik entzündet. Germanisten sehen darin „das Vorspiel zu einem deutsch-französischen Streit, wem Heine gehört“. Die Franzosen ließen das Grab verkommen, hatte die damalige „Frankfurter Zeitung“ berichtet. Man sammelte Geld und wollte die Grabpflege in deutsche Hände legen. Doch der französische Zweig der Heine-Familie, Nachfahren des Bankiers Isaak Heine aus Bordeaux, legten sich quer, ebenso die Stadt Paris. Schließlich einigte man sich.

Die Frankfurter durften sich an der Pflege des Grabs, für die heute Heines Geburtsstadt Düsseldorf aufkommt, beteiligen und es mit Hasselrijs’ Stele verschönern. Die Büste ist eine Studie zu jener Skulptur, die der Bildhauer für den Heine-Tempel der österreichischen Kaiserin Sissi auf Korfu geschaffen hatte. Sie steht heute im Stadtpark von Toulon. Noch einmal schlug der Streit um Heine hohe Wellen, als 1967 Handschriften des Dichters aus einer Privatsammlung in Paris auf den Markt kamen. Die Stadt Düsseldorf wollte sie erwerben. Doch mit de Gaulles Machtwort „Henri Heine ist auch ein französischer Schriftsteller“ erhielt die Bibliothèque Nationale den Zuschlag.

Am Freitag nun fand sich eine kleine Gemeinde vornehmlich deutscher Heine-Jünger zu einer vom Pariser Heine-Haus organisierten Gedenkfeier zum 150.Todestag des Dichters auf dem Friedhof Montmartre ein. Der deutsche Gesandte Heinrich Wilhelm Beuth und der Düsseldorfer Oberbürgermeister Joachim Erwin legten Kränze nieder. Christophe Girard, der für Kultur zuständige Bürgermeister von Paris, hatte sich kurzfristig entschuldigen lassen.

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