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Kultur: „Herr Schröder, stoppen Sie Herrn Eichel!“

Wer hat sich das nur ausgedacht: Kulturspenden der Wirtschaft sollen steuerlich nicht mehr absetzbar sein

Auf Überraschung und Entsetzen ist bei deutschen Kulturinstitutionen ein Sparvorschlag Hans Eichels gestoßen, der die steuerliche Abzugsfähigkeit von Spenden betrifft: AGs und GmBHs, die gemeinnützige Einrichtungen unterstützen, sollen ihre Almosen künftig nicht mehr absetzen können. Der Finanzminister verspricht sich davon für das nächste Jahr 151 Millionen, für 2006 bereits 281 Millionen Euro zusätzliche Einnahmen. Doch die Folgen des verdeckten Subventionsabbaus für eine Kultur und Forschungsszene, die schon auf Sparflamme agiert, sind in solche Rechnung nicht einbezogen. Pressesprecher Sonnabend vom Essener Stifterverband der Deutschen Wissenschaft kann sich jedenfalls die Reaktionen der big spender gut vorstellen: „Wenn der Staat uns das so wenig dankt, dann lassen wir’s künftig ganz.“

30 Millionen Euro jährlich kollektiert der Stifterverband bei Unternehmen. Dieses Geld (wenn auch nicht direkt die vom Verband betreuten, dem Stiftungssteuerrecht unterliegenden Stiftungen) sei durch Eichels Plan betroffen; es diente bislang einem Förderprogramm, mit dem 160 Stiftungsprofessuren begründet wurden. „Katastrophale Folgen für wissenschaftliche und soziale Einrichtungen“ sagt der Generalsekretär des Verbandes, Manfred Ehrhardt, voraus, zumal der Staat sich aus vielen Bereichen zurückziehe: Bundesweit liege das Aufkommen an Firmenspenden bei eine Milliarde Euro.

Aber nicht nur durch Drittmittel geförderte Wissenschaftler, auch viele Kultureinrichtungen müssen die Rotstiftattacke fürchten. Rupert Graf Strachwitz, Direktor des Berliner Maecenata-Instituts, profezeit den Aderlass an der Basis: „Das wäre für gemeinnützige Vereine ein Rieseneinnahmeausfall.“ Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann ahnt für die Kultur in Deutschland einen „nicht gutzumachenden Schaden. Gestern noch war im Koalitionsvertrag zu lesen, das bürgerschaftliche Engagement sei unverzichtbar für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Herr Schröder, stoppen Sie jetzt Herrn Eichel!“ Ebenso sieht der Bundesverband Deutscher Stiftungen „großen Schaden für das gesamte gemeinnützige Engagement der Gesellschaft“ am rotgrünen Horizont aufziehen.

Auch wenn die vorwiegend öffentlich finanzierte Unternehmungen – wie die Berliner Festwochen und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz – zum geringsten Teil von Spenden abhängen, sieht man auch dort die Förderung gerade der kleineren, öffentlichkeitswirksamen Projekte in Gefahr. Andere Institute fürchten sogar um die Substanz. „Man geht den Weg des geringsten Widerstandes und trifft große kulturelle Einrichtungen bis ins Mark ,“ kritisiert Karl-Gerhard Schmidt, Vorsitzender der „Gesellschaft der Freunde von Bayreuth“, die angekündigte Entmutigung; fördernde Firmen haben in 2001 zehn Prozent des Bayreuther Festspieletats aufgebracht. Aus allen Wolken fällt derweil Rüdiger Baermann, Pressesprecher des Baden-Badener Festspielhauses: „Ich muss sofort dem Intendanten Bescheid sagen!“ Dabei hatte Baermann dem netten Hans Eichel einst, zu dessen hessischen Zeiten, noch so arglos die Tür aufgehalten. kat/tl/smf

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