zum Hauptinhalt

Kultur: Herz & Blut

Crime & The City Solution spielen im C-Club.

Manche Menschen gehen verloren und manche, die man verloren geglaubt hat, tauchen plötzlich wieder auf. So wie Simon Bonney, der Mann, der Nick Cave das Singen beibrachte. Nach 20 Jahren hat der mittlerweile nach Detroit gezogene Australier seine Band Crime & The City Solution wiederbelebt, die sich in den Achtzigern in Berlin herumtrieb, wo sie im Schatten der Bad Seeds und den Einstürzenden Neubauten fünf Alben einspielte und einen famosen Auftritt in „Der Himmel über Berlin“ von Wim Wenders hatte.

Logisch, dass das einzige Deutschlandkonzert in der „neuen“ Hauptstadt stattfindet, ein Heimspiel mit Neubauten-Bassist Alexander Hacke, der seine Freundin Danielle de Picceotto mitgebracht hat, die im C-Club schöne Visuals auf die Leinwand wirft. Außerdem dabei sind Gitarrist David Eugene Edwards von Wovenhand, Drummer Jim White, ein Bassist, Keyboarder sowie Bonneys Frau und Gründungsmitglied Bronywn Adams an der Violine. Sie schaffen eine glimmende Kulisse für Bonneys unverbrauchte Grandezza. Mit einem unsichtbaren Jim-Morrison-Heiligenschein spielt der großartige Sänger die Rolle des von Gott und der Welt herumgeschubsten Mannes. Er gestikuliert, lässt Stirnfalten zucken und Augäpfel rollen, während Hacke und Edwards mit der gleichen Souveränität, mit der andere Leute Bierdosen aufreißen, breitbeinige Rockriffs aus ihren Gitarren schütteln. Wehmütig klimpernde Blues-Taumel. Tief schürfend, aber keineswegs zerbrechlich, mal bedrohlich ausartend, aber immer von einer honigtropfenden Süße durchzogen und an den richtigen Stellen aus den pathetischen Ecken herausgetrieben.

Sie preschen mit der geladenen Waffe durch die Steppe („I Have The Gun“) und lassen zum Schluss mit „All Must Be Love“ das Herz einen Tropfen Blut schwitzen. „Six Bells Chime“ kommt als Zugabe und dann noch „American Twilight“, das Titelstück vom neuen Album. Dabei wird klar, wie leicht man immer noch mit schönem Rock’n’-Roll-Krach Scheinsiege erfechten kann und gleichzeitig von der Tragik erzählt, mit der man sich in solche symbolischen Siege verlieben kann. Schön zu hören, dass es das noch gibt. Volker Lüke

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false