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Ach, übrigens. Klatschkolumnistin Hedda Hopper (Helen Mirren) und Dalton Trumbo (Bryan Cranston).

© Paramount

Hexenjagd in Hollywood: das Biopic "Trumbo": Die zehn Aufrechten

Die Kalten Krieger der 50er Jahre setzten ihn auf die schwarze Liste, also holte Dalton Trumbo seine Drehbuch-Oscars unter Pseudonym. Nun setzt Jay Roach in seinem Biopic dem aufrechten Linken ein Denkmal.

Es war eine riskante Strategie, aber sie hätte das wohl dunkelste Kapitel in der Geschichte Hollywoods verhindern können. Und sie wäre womöglich aufgegangen, wenn nicht im Sommer 1949 Frank Murphy und Miley B. Rutledge gestorben wären. Durch den Tod der beiden liberalen Verfassungsrichter verschob sich das Mehrheitsverhältnis im Supreme Court zugunsten der konservativen Kräfte. Die Berufung von zehn prominenten Drehbuchautoren und Regisseuren wurde abgewiesen, und die „Hollywood Ten“ kamen wegen Missachtung des Kongresses für sechs bis zwölf Monate ins Gefängnis.

Zwei Jahre zuvor, im Herbst 1947, waren sie vom HUAC, dem Ausschuss des Repräsentantenhauses zur Untersuchung „unamerikanischer Umtriebe“, vorgeladen worden. Es war die Anfangsphase des Kalten Krieges, in den USA grassierte antikommunistische Paranoia, und in der Filmindustrie standen sich nach mehreren Streiks Gewerkschaften und Produzenten unversöhnlich gegenüber. Stars wie John Wayne, mächtige Produzenten wie Walt Disney und einflussreiche Journalisten wie die Klatschkolumnistin Hedda Hopper trommelten dafür, Kommunisten und deren Sympathisanten aus Hollywood zu eliminieren.

Der Prominenteste der "Hollywood Ten"

Die „Hollywood Ten“, die zu den ersten vom HUAC vorgeladenen Filmschaffenden gehörten, verweigerten jegliche Kooperation mit dem Ausschuss und setzten darauf, dass der Oberste Gerichtshof der Hexenjagd ein schnelles Ende bereiten würde. Doch ihr Plan ging nicht auf, und die Verhöre gingen jahrelang weiter. Vor einem Berufsverbot konnte sich nur retten, wer andere belastete. Hunderte von Karrieren wurden so zerstört oder zumindest jäh unterbrochen, bevor die Studios in den sechziger Jahren allmählich begannen, sich über die sogenannte „Blacklist“ hinwegzusetzen.

In zahlreichen Dokus, Dramen und Komödien hat sich Hollywood seitdem an dieser unrühmlichen Epoche abgearbeitet. Noch nie aber wurde sie so aufschlussreich und ausgewogen erzählt wie in Jay Roachs packendem Biopic „Trumbo“. Liebevoll ausgestattet, historisch akkurat und mit einem grandiosen Ensemble, aus dem der aus „Breaking Bad“ bekannte Bryan Cranston in der Hauptrolle noch über seine Kollegen herausragt, erzählt der Film eine Geschichte, die nur Verlierer kennt und doch ein gutes Ende nimmt.

Trumbo hielt stand, Kollegen gingen kaputt

Als Erfolgsautor und bestbezahlter Drehbuchschreiber der Welt war Dalton Trumbo nicht nur der Bekannteste der „Hollywood Ten“, er war es auch, der das System schließlich zum Einsturz brachte, indem er während seines Berufsverbots unentwegt weiterarbeitete. Statt hochwertige Skripte für MGM und Paramount zu verfassen, produzierte er serielle Massenware für B-Studios, und statt Anspruch und Originalität zählten dabei Sex & Crime. Doch selbst unter diesen Bedingungen gelang es Trumbo, in den fünfziger Jahren zwei Oscars zu gewinnen – unter Pseudonym, versteht sich.

Der Regisseur Otto Preminger (in „Exodus“) und der Schauspieler Kirk Douglas (in „Spartacus“) wagten es 1960 schließlich, den Namen Dalton Trumbo wieder in den Vorspann aufzunehmen. Für etliche seiner Kollegen kam der Wandel jedoch zu spät: Arbeitslosigkeit, sozialer Abstieg, Alkoholsucht und zerbrochene Familien kennzeichnen das Leben vieler Betroffener. Auch Trumbo stößt in diesen Jahren immer wieder an die Grenzen seiner Belastbarkeit und Selbstbeherrschung.

Humoristischer Reflex: "Hail, Caesar!"

Dass sich das Berufsverbot faktisch nicht durchsetzen ließ, hat zum Ende der „Blacklist“ ebenso beigetragen wie die Tatsache, dass sich auch nach jahrelanger Untersuchung kein belastbarer Beleg für eine kommunistische Unterwanderung Hollywoods finden ließ, von einem sowjetischen Spion ganz zu schweigen. In „Hail, Caesar!“ haben die Coen-Brüder unlängst durchgespielt, wie eine kommunistische Verschwörung von Hollywood-Drehbuchautoren ausgesehen hätte: Sonderlich folgenreich wäre wohl auch sie nicht gewesen, wenn man ihrer Vorstellung folgen mag.

Bleibt die Frage, wie die Filmgeschichte verlaufen wäre, wenn der Supreme Court zugunsten der Autoren entschieden hätte. Gut möglich, dass auch ein gewisser Bertolt Brecht noch eine Hollywoodkarriere vor sich gehabt hätte. Er wurde am selben Tag vorgeladen wie die „Hollywood Ten“ und hatte wie diese angekündigt, seine Aussage zu verweigern. Dann entschied er sich jedoch spontan, eine Show abzuziehen, sprach in grotesk gebrochenem Englisch und gab vor, kaum zu wissen, was Kommunismus überhaupt ist. Der Ausschussvorsitzende dankte ihm für seine gute Mitarbeit. Am nächsten Tag kehrte Brecht für immer nach Europa zurück.

In zehn Berliner Kinos; OmU: Babylon Kreuzberg, Central, Filmkunst 66, FaF, International, Kulturbrauerei, Odeon

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