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Kultur: Hexenkünste

Von Wien ist Berlin musikalisch zur Zeit erfüllt, da war es beinahe eine kleine Spitze, daß das Berliner Sinfonie-Orchester sein erstes Abonnements-Konzert ganz auf Paris konzentrierte.Nun ist ausgerechnet "Ein Amerikaner in Paris" auf Gershwins Europa-Trip 1928, zum Teil in Wiener Hotelzimmern, entstanden, wenn auch an der brandneue Jazz-Einflüsse aufnehmenden Orchestermusik à la Ravel oder Milhaud orientiert.

Von Wien ist Berlin musikalisch zur Zeit erfüllt, da war es beinahe eine kleine Spitze, daß das Berliner Sinfonie-Orchester sein erstes Abonnements-Konzert ganz auf Paris konzentrierte.Nun ist ausgerechnet "Ein Amerikaner in Paris" auf Gershwins Europa-Trip 1928, zum Teil in Wiener Hotelzimmern, entstanden, wenn auch an der brandneue Jazz-Einflüsse aufnehmenden Orchestermusik à la Ravel oder Milhaud orientiert.In der beschwingten, nicht so zackigen, eher europäisch-weichen Wiedergabe unter Gabriel Chmura, Generalmusikdirektor in Bochum und Ottawa, zündet das Werk wie gewohnt und öffnet die Ohren für schwerer Verdauliches: Jacques Ibert malt in der Sinfonischen Suite "Paris" seine Heimatstadt mit sperrig-dissonanten Elementen, deren stampfende Bässe, grelle Flageoletts, Oboengirlanden mit gemischter Unterlegung von Tambourin und Pauke sich erst durch die Überschriften als Klangbild der "Métro", "Pariser Moschee", "Ile de France" erschließen.Die komplexe Partitur beleben die Musiker in kleinerBesetzung bis zum Can-Can-Exzeß mit glänzender Präzision, wie überhaupt an diesem Abend feingliedrige Transparenz vorherrscht.Mozarts "Pariser Sinfonie" KV 297 profitiert davon, berührt im "Andantino" durch seidige Streicherkantilenen in inniger Mischung mit süßer Flöte, die durch entspannte Triller hervorragt.So schlank, zwischen Bläsern und Streichern gut ausbalanciert, war das BSO selten zu hören, ein Genuß auch in der anspruchsvollen Polyphonie, mit der Mozart dem auf leichte Kost erpichten Pariser Publikum etwas zu knacken gab.Ob das von Paganinis Virtuosität vielleicht besser "bedient" wurde? Das 1851 posthum in Paris erschienene Violinkonzert Nr.2 in h-Moll ist gespickt mit "zirzensischen Hexenkünsten".Doch Konzertmeister Michail Sekler spielt die im Glissando auf- und abrasenden Oktaven, Sexten, Springbogen-Staccati und flageolettbekrönten Arpeggien so traumwandlerisch intonationsrein, daß die horrenden Schwierigkeiten kaum zu ahnen sind.Sein mit engem Vibrato zierlich-süßer Ton teilt Erstaunliches mit: Kantable Melancholie.

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