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Kultur: Hier trafen sich einst die Künstler der Metropolen

Eingebettet in die sanft geschwungene Hügellandschaft des einstigen Fürstentums Lippe-Detmold liegt wie auf einer Terrasse um den Burgberg angeordnet die Ackerbürgerstadt Schwalenberg. Das weitgehend erhaltene historische Stadtbild und die waldreiche Umgebung des Ortes mit ihren vielfältigen Freizeitmöglichkeiten lohnen allein schon einen kürzeren oder auch durchaus längeren Urlaub.

Eingebettet in die sanft geschwungene Hügellandschaft des einstigen Fürstentums Lippe-Detmold liegt wie auf einer Terrasse um den Burgberg angeordnet die Ackerbürgerstadt Schwalenberg. Das weitgehend erhaltene historische Stadtbild und die waldreiche Umgebung des Ortes mit ihren vielfältigen Freizeitmöglichkeiten lohnen allein schon einen kürzeren oder auch durchaus längeren Urlaub. Doch damit nicht genug: Schwalenberg ist außerdem eine nicht unbedeutende deutsche Künstlerkolonie, in der gerade Freilichtmaler aus Berlin während der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts eine ideale Wirkungsstätte fanden.

Nicht von ungefähr ist das erste Buch, das nun eine umfassende Darstellung der Schwalenberger Malerkolonie bietet, unlängst in einem Berliner Verlag erschienen. Es erzählt die Geschichte der Künstlerklause in Schwalenberg, dem Kristallisationspunkt der einstigen Malerkolonie. Hiervon ausgehend gelingt es dem Autor Frank Jahnke, den Bogen zu schlagen zwischen den beiden so gegensätzlichen Welten wie der kleinen Ackerbürgerstadt im damals abgeschiedenen Fürstentum Lippe und den pulsierenden Kunstmetropolen jener Zeit, aus denen die Künstler anreisten, insbesondere aus Berlin und Düsseldorf.

So liefert das Buch neben der Geschichte einer deutschen Künstlerkolonie zusätzlich auch interessante Bezüge zur Berliner Kunstszene um die Jahrhundertwende. Im Mittelpunkt stehen hierbei nicht jene omnipräsenten Namen wie Menzel, Liebermann, Corinth, sondern es geht um die Ebene direkt darunter, die für die Mannigfaltigkeit des Berliner Kunstlebens ja nicht minder wichtig war, bislang aber vielleicht etwas wenig Beachtung fand.

Der hochtalentierte, früh verstorbene Berliner Künstler Hans Bruch beispielsweise, ein Sohn des Komponisten Max Bruch, gilt als Entdecker der Schwalenberger Malerkolonie. Oder die Schule des renommierten Landschaftsmalers und Professors an der Berliner Akademie, Eugen Bracht, sowie seines Nachfolgers Friedrich Kallmorgen findet vielfältig Niederschlag im Beziehungsgeflecht zwischen Berlin und Schwalenberg. Erinnert sei nur an den Charlottenburger Impressionisten und Kunstpädagogen Hans Licht, der sowohl in Berlin als auch in Schwalenberg eine herausragende Rolle spielte, bis er durch die Nazis kaltgestellt wurde. Namen wie Moritz Pathé oder Magnus Zeller hatten einen wichtigen Platz in der Kunstszene des Berlins der zwanziger Jahre und tauchen eben auch in der Schwalenberger Malerkolonie auf.

Nicht zuletzt solche Verbindungen sind es, die dem kulturbeflissenen Touristen einen interessanten Zugang zu dieser bemerkenswerten Malerstadt liefern. Wer heute aus Berlin oder einer anderen größeren Stadt nach Schwalenberg kommt, kann noch viel von der Atmosphäre spüren, die für die Künstler und "Sommerfrischler" Anfang unseres Jahrhunderts den Reiz dieser ländlichen Idylle ausmachte. Ein Besuch ist zu jeder Jahreszeit lohnend, und gerade jetzt, zur Vorweihnachtszeit. Am ersten Dezember-Wochenende (3. bis 5. Dezember) findet der traditionelle Weihnachtsmarkt statt, wo ortstypische Spezialitäten angeboten werden und die engen Fachwerkgassen in dezentem Lichterglanz erstrahlen.

Die alte Künstlerklause ist zwar leider nicht mehr bewirtschaftet, aber eine breite Palette von Unterkünften für jeden Geschmack und Geldbeutel steht dem Gast zur Verfügung - von gediegenen Privatquartieren bis hin zum Burghotel Schwalenberg. Vorbei die Zeiten, als Hermann Niederbracht der Zweite, Sohn des Gründers der Künstlerklause, noch in den sechziger Jahren in den gestiegenen Komfortansprüchen der Urlauber lediglich ein Symptom für die "Maßlosigkeit und Verwöhntheit" einer neuen Zeit sah, die er nicht zu akzeptieren gewillt war.

Die historischen Gasthöfe "Berggarten" und "Schwalenberger Malkasten" spiegeln mit ihren Bildern und Wandgemälden noch viel von der alten Malerkolonie wider, und auch Gegenwartskunst ist dank der Initiative der Stadt und des lippischen Landesverbandes in Schwalenberg vertreten.

Ein Ausflug in die nahe Residenzstadt Detmold sollte nicht versäumt werden, zumal im dortigen Landesmuseum noch bis zum 16. Januar eine sehenswerte Ausstellung über den Künstler Friedrich Eicke (1883-1975) gezeigt wird, der ebenfalls zu den Hauptakteuren in Schwalenberg zählte.Auskunft zu Quartieren und Veranstaltungen in Schwalenberg erteilt das Verkehrsamt im historischen Rathaus, 32816 Schwalenberg; Telefonnummer: 052 84 / 998 03.

Literatur: Frank Jahnke: Die Künstlerklause in Schwalenberg. verbum-Verlag Berlin, 168 Seiten, mit zahlreichen historischen Fotografien und ausgewählten Beispielen des Schwalenberger Kunstschaffens, Preis: 29,80 Mark.

Gunther Faber

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