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Was für ein „Coop“: Gary Cooper fährt 1953 durch West-Berlin zum Filmfestival, nachdem man ihn für verschollen hielt.

© Heinz Köster/Deutsche Kinemathek/Berlinale

Highlights aus 70 Jahren Berlinale: Der Tag, an dem Gary Cooper verschwand

Bald startet die 70. Berlinale. Wir erzählen die Highlights der Festivalgeschichte. Angefangen mit den 50ern – und einem Star, der plötzlich abhandenkam.

Stell Dir vor, morgen startet Deine Berlinale, doch deren wichtigster Star ist verschollen. Untergegangen im Chaos, das wenige Straßen vom Festival entfernt tobt, entführt, verschleppt nach Sibirien.

Die Hektik, die am 17. Juni 1953 im Festivalbüro herrschte, stieg sprunghaft, als jemand ein Extrablatt hereinreichte: „Aufstand der Arbeiter in der DDR – Sowjetpanzer auf dem Potsdamer Platz".

Und sie erreichte den Siedepunkt, als Festspielleiter Alfred Bauer hereinstürzte: „Gary Cooper ist verschwunden! In Ost-Berlin!“

Tags zuvor war der Hollywood-Star angekommen, wollte der Familie die Orte seines Besuchs 1938 zeigen, steckte nun im sozialistischen „High Noon“ fest – der Super-Gau, eine bange Stunde lang. Dann waren Coopers wieder da, hatte sich in den Westen durchgeschlagen – so schilderte es Festivalsprecher Hans Borgelt damals.

Eine spannende Geschichte, charakteristisch für das vom Kalten Krieg geprägte Klima des ersten Berlinale-Jahrzehnts. Borgelts Bericht hat nur einen Mangel: Wahrscheinlich stimmt er nicht.

Tagesspiegel, „Morgenpost“ und „Telegraf“ berichteten übereinstimmend, dass Cooper – für seine Freunde „Coop“ – erst am 18. Juni in Tempelhof gelandet sei, von einer Riesenmenge empfangen. Die Begeisterung für Filmstars kannte noch keine Grenzen.

Aber ob wahr oder nur gut erfunden – die Geschichte steht für die auch politische Aufgeregtheit der frühen Jahre, in denen die Berlinale „nicht so sehr ein Fest als eine kulturelle Demonstration des freien Westens“ war, wie der Tagesspiegel über die Eröffnung im Gloria-Palast schrieb, die wegen der Teilung der Hauptstadt schlichter als geplant ausfiel.

Obwohl auch diese Einschätzung eher Wunsch als Wirklichkeit war. Denn der Starrummel tobte wie gewohnt, mit Menschenmassen auf dem Kurfürstendamm, die den Verkehr behinderten.

„Aber sie schrien keine politischen Parolen, sondern die Namen ihrer Kinolieblinge, und sie ballten nicht ergrimmt die Fäuste, sondern klatschten begeistert in die Hände“, so schilderte es Borgelt, diesmal d’accord mit den Presseberichten. Allein Cooper soll auf 250 Autogramme täglich gekommen sein.

Was in der Dekade der 50er noch geschah:

Aber auch ohne Mauer war die Stadt zweigeteilt, gerade während des Festivals. Ost-Berliner hatten keinen Zugang. Die Sektorengrenze blieb gesperrt und das Kino BLT in der Potsdamer Straße – heute Sitz des Varietés „Wintergarten“ – leer.

Für die dort gezeigten Filme stand in den Programmen ein das Publikum limitierender, nun fataler Hinweis: „Geschlossene Vorstellung für Ost-Berliner“.

All diese Aufregungen waren aber nicht der Grund für Bauers Rücktritt als Festivalleiter im selben Jahr. Schon gar nicht war es seine exponierte, geschickt kaschierte Funktion in Goebbels’ Reichsfilmintendanz.

Es ging um Vertragsstreitigkeiten, die Bauer nach Weihnachten 1953 die Konsequenzen ziehen ließen. Doch man einigte sich, kurz nach Neujahr war er wieder da.

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