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Kultur: Himmelwärts

Jonathan Meeses Skulptur im Hof der Nationalgalerie

Fast scheint es abzuheben, dieses eigentümliche Fluggerät im Kolonnadenhof der Alten Nationalgalerie. Die Raketenschnauze ragt in den Himmel, die Kufen legen sich schräg. In dieser Stellung verharrt die „Humpty-Dumpty-Maschine“ – so hat Jonathan Meese sein Werk genannt – für zwei Jahre. Dann wird dort die Skulptur eines anderen Bildhauers aufgestellt. Meese macht den Anfang einer neuen Werkreihe, die anlässlich des 150. Geburtstags der Nationalgalerie ins Leben gerufen wurde.

Das krude Flugzeug wirkt wie ein Fremdkörper zwischen den wohlgeformten klassischen Menschenkörpern der Berliner Bildhauerschule, zwischen der Bogenspannerin von Ferdinand Lepcke oder dem Zentauren-Nymphen-Paar von Reinhold Begas. Personen und Schlagworte aus Meeses spleenigem Kosmos tauchen darin auf: Neben „Humpty Dumpty“, dem sprechenden Ei aus Lewis Carrolls Roman „Alice hinter den Spiegeln“, ritzte er den Namen „Dr. No“ auf die Front. An der Seite steht „Diktatur der Kunst“. Das ist seine Vision. Der Künstler hat mit diesen Anspielungen einen Platzhalter für seine Kunst geschaffen, ohne auf die traditionellen Formen des Denkmals zurückzugreifen. Die Maschine aus Flohmarktrelikten kann aber auch als Einladung verstanden werden. Sie ist unbemannt. Und bereit zum Flug in die revolutionäre Zukunft. Abgewendet vom Tempel mit der Kunst des 19. Jahrhunderts hat sie sich bereits. Anna Pataczek

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