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© Tagesspiegel

HinGEHEN: Die Heilsarmee musiziert dazu

Die Szene entbehrt nicht einer gewissen Komik, ja sie besitzt Buster-Keaton-Qualität: Eine junge Frau im weißen Overall platziert für jeweils drei Minuten auf der Kölner Domplatte, im sommerlichen Freibad, auf einem Bahnsteig des Hauptbahnhofs vier Ständer, verbindet sie mit einer roten Kordel und stellt sich selbst ins markierte Terrain. Knirpse in Badehose bleiben neugierig stehen, eine Frau prüft rüttelnd die Standkraft eines Ständers, die Musiker der Heilsarmee spielen ungestört weiter.

Die Szene entbehrt nicht einer gewissen Komik, ja sie besitzt Buster-Keaton-Qualität: Eine junge Frau im weißen Overall platziert für jeweils drei Minuten auf der Kölner Domplatte, im sommerlichen Freibad, auf einem Bahnsteig des Hauptbahnhofs vier Ständer, verbindet sie mit einer roten Kordel und stellt sich selbst ins markierte Terrain. Knirpse in Badehose bleiben neugierig stehen, eine Frau prüft rüttelnd die Standkraft eines Ständers, die Musiker der Heilsarmee spielen ungestört weiter. „Künstlerisches Arbeitsfeld oder das Geheimnis des künstlerischen Schaffens“ hat Maria Vedder ihre Videoarbeit von 1981 genannt.

Mit Witz, Hartnäckigkeit und kreativer Intelligenz hat sie sich an verschiedenen Orten in der Stadt ihren Raum erobert; die Performances dauern genauso lang wie die Rolle eines Super-8-Films. Für die Kölner Videokünstlerin war das immer Programm: Kunst und Leben mit bewegten Bildern einzufangen. Zehn Jahre später, 1991, folgt sie einem Ruf der Hochschule der Künste und geht nach Berlin, wo sich die Szene mitten im Aufbruch befindet. In der traditionellen Malerstadt, wo das Experimentieren mit den Neuen Medien gerade erst beginnt, kann man eine wie sie gebrauchen.

Mit der Ausstellung „What’s the Time“ im Zentrum für Kunst und Urbanistik (Siemensstr. 27, bis 2. 2.) verabschiedet sich die Künstlerin nach 22 Jahren von der Akademie und zeigt zusammen mit neun Absolventen, was in der Zwischenzeit geschah. Die Teilnehmer zeigen jeweils eine frühe Arbeit und einen aktuellen Beitrag. Sie alle besitzen einen feinen Humor, eine erzählerische Qualität: Niklas Goldbachs Multiplizierungen der eigenen Person, Miko Gaestels und Lilli Kuschels Beobachtungen am Ufer des Newa in St. Petersburg, Simone Häckels Aufzeichnungen von Kindern, die mit offenen Mündern, aufgerissenen Augen gebannt Fernsehen schauen. Maria Vedder steuert als jüngste Arbeit die Aufnahme eines entgegenkommenden Zuges bei, „La Bestia“, aufgenommen in Mexiko. Augenzwinkernd knüpft sie damit an die Anfänge der Kinematografie an, der erste Film zeigte genau solch eine Bahn. Als wollte sie sagen: Abfahrt, nächste Generation.

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