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Passt scho. Bernhard Balas ist Angler, Klavierbauer und vor allem Wiener.

© Fortuna Media

Hingehen: "Sommer in Wien": An der schönen blauen Donau

Stadt der anderen Leute: Die Kino-Doku "Sommer in Wien" zeigt das sonnendurchglühte Leben jenseits der Touristenherrlichkeit des Rings.

Wien, Wien, nur du allein, sollst die Stadt meiner Träume sein. Unvergessen die zwei Aufenthalte in den gerade nicht habsburgisch repräsentativen, sondern vom sozialen Gemeindebau geprägten Ecken der Stadt. Der erste: Logis bei einer Freundin auf dem Fußboden. Apollogasse, unweit der Mariahilferstraße, gegenüber von einer rumpeligen Autogarage. Die Einheimische ging zur Arbeit, die Touristin auf den Zentralfriedhof. Das klemmende Türschloss zu- oder aufzusperren war ein steter Nervenkitzel. In der Wohnung gegenüber hockte eine wahnsinnige Alte, die bei offener Tür morgens wie abends „Gegrüßet seist du, böse Maria, böse Maria, ich preise dich“ murmelte und giftige Blicke schleuderte. Beim zweiten Besuch dann Logis in einer ungenutzten Wohnung, nächtigen in einem Eheschlafzimmer aus den vierziger Jahren, die ganze Bude mit fingerdicker Staubschicht bedeckt. Durch die Gassen wallte Dezemberdunst, im speckigen Imbiss eiterte der Leberkäse, bis er Blasen warf und in der Nachmittagsvorstellung des Bellaria-Kinos schauten welke Rentnerinnen „La Habanera“ mit Zarah Leander. Hach ja, so schön.

Geld interessiert keinen, aber die Musik

Genau dieses pittoreske, aus der Zeit gefallene Wien der anderen Leute jenseits der Herrlichkeit des Rings porträtiert Walter Größbauers tiefenentspannter Dokumentarfilm "Sommer in Wien". Am heutigen Sonntag läuft er um 16.30 Uhr an einem passenden Ort, dem kruschteligen b-ware Ladenkino in Friedrichshain (Gärtnerstr. 19). Ein Programmkino, das sicher Gnade in den Augen von Bernhard Balas finden würde. Dessen Klavierbauerwerkstatt im 15. Wiener Bezirk ist das Zentrum einer Gruppe von Lebenskünstlern, deren nonkonformistisches Leben der Regisseur durch lichte Tage in Straßen, Parks, Freibädern und an den Ufern der schönen blauen Donau folgt. Geld interessiert keinen von ihnen, alle aber Musik, andere Menschen und das vom pummeligen Chef meist selbst geangelte und stets selbst gekochte Mittagessen, dass bei schönem Wetter gemeinsam auf dem Bürgersteig vor der Werkstatt eingenommen wird. Woanders tobt das kapitalistische Rattenrennen, hier herrschen kontemplative Arbeitsabläufe an schönen alten Instrumenten, und der Chef spricht dazu Sätze wie „Wir sind frei geboren und sollten glückliche Wesen sein. Es hängt an dir, ob du dich für das Licht oder die Schatten entscheidest.“ Dazu sammelt die Kamera verschlafene Impressionen der sonnendurchglühten Stadt. Und das da, das ist doch die Strudlhofstiege, der der Schriftsteller Heimito von Doderer ein Denkmal in Romanform gesetzt hat. Wien, Wien, nur du allein, sollst die Stadt meiner Träume sein.

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