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Kultur: Hirn, Herz & Hose

Alle Jahre wieder: Kaum ist der Sommer vorüber, bricht die Filmfestivalitis aus. Gleich vier Festivals ringen diese Woche um die Gunst des Publikums: Da ist das gestern eröffnete Berlin Asia-Pacific Film Festival (www.

Alle Jahre wieder: Kaum ist der Sommer vorüber, bricht die Filmfestivalitis aus. Gleich vier Festivals ringen diese Woche um die Gunst des Publikums: Da ist das gestern eröffnete Berlin Asia-Pacific Film Festival (www.bapff.de), das von der Kurbel ins Babylon umgezogen ist und mit aktueller Filmkunst von Aserbaidschan bis Papua-Neuguinea erfreut. Da ist, zum zweiten Mal, das Baltic Film Festival (www.balticfilmfestivalberlin.net): Ebenfalls im Babylon eröffnet es heute mit dem neuen Spielfilm des Litauers Sarunas Bartas: „Seven Invisible Men“. Das Festival der weißrussischen Kultur mit dem schriftlich kurios anmutenden Titel „Good-By“ (www.festival-good-by.de) im Kino Krokodil besteht nur aus zwei Programmen – mit drei Dokumentarfilmen aus dem belorussischen Dorfleben, die dort am Sonntag von Regisseurin Galina Adamowitsch vorgestellt werden. „Alles so schön still hier!“, möchte man da in Anlehnung an Nina Hagen die osteuropäische Filmkunst rühmen.

Eher laut und überwiegend US-amerikanisch kommt das neu gegründete PORNfilmfestivalBERLIN (www.pornfilmfestivalberlin.de) daher, das vorweg mit einer Ausstellung im Tristesse Deluxe und Retros der Filmemacher Todd Verow und Maria Beatty im Arsenal ambitioniert filmerotisch auftritt. Filme für „engagierte Erwachsene“, Filme, die „Hirn und Hose“ ansprechen, will der Schwulenporno-Produzent und Festivalmacher Jürgen Brüning zeigen, schließlich sei Berlin eine Stadt, die „für ihre Zügellosigkeit bekannt“ ist. Doch wo tobt sie nur?

Den Blick zurück auf die letzte wirklich ekstatische Epoche dieser Stadt richtet ein anderes Filmprogramm ( kein Festival diesmal, aber aufwendig recherchiert), das ab Sonntag die West–Berliner achtziger Jahre unter die cineastische Lupe nimmt. Wer sagt denn, dass Beton nicht brennt, hast Du’s probiert? heißt die Reihe und variiert damit spielerisch den Titel eines Hausbesetzer-Films von 1981, der selber eine Parole aus dem Berliner Häuserkampf aufgreift. Oder war es umgekehrt? Egal – es war die Mischung aus politischer und künstlerischer Energie und materiellen Freiräumen, die vieles von dem initiierte, was auch heute noch das unabhängige Berliner Kulturleben prägt (auch wenn SO36 und „Tödliche Doris“ nicht mehr bestehen). Immerhin wird Ex-Doris Wolfgang Müller am Sonntag mit einer „Gesangs- und Slipeinlage“ das eröffnende Kurzfilmprogramm begleiten, bevor „Okay Okay. Der moderne Tanz“ von Heiner Mühlenbrock und Christoph Dreher (1980) spätindustrielle Architekturlandschaften zum Tanzen bringt. Später im Monat wird es echte Film-Exkursionen geben – etwa zum ehemaligen Arsenal in der Welserstraße. Das steht nach einer Zeit als schwules Pornokino derzeit leer.

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