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HIT Parade: Mike Oldfield

Diese Woche auf Platz 35 mit: „Music Of The Spheres“

Das mit dem Ei hat nicht geklappt. Sonst würden auf dem Cover von Mike Oldfield jüngstem Werk womöglich Eier durch die Weite des Weltraums schweben. Doch der Künstler verstand es schon zu Beginn seiner Karriere, sich durchzusetzen: gegen Richard Branson, der 1973 mit Oldfields Debütwerk sein Virgin-Imperium begründete. Branson wollte das Album angeblich „Breakfast in Bed“ nennen und auf dem Cover ein Ei abbilden. Nicht auszudenken, was das für die weitere Geschichte bedeutet hätte: Vielleicht würden heute Alben wie „The Egg II & III“ oder „The Orchestral Egg“ in den Regalen stehen. Oldfield aber setzte durch, dass die Platte nach den gebogenen Röhrenglocken benannt wurde, die den musikalischen Höhepunkt von „Tubular Bells“ bildeten.

Viele Plattenfirmen hatten das ambitionierte Werk, das mit einem vertrackten 15/8-Takt beginnt, abgelehnt. Branson, der bis dahin einen kleinen Versandhandel betrieben hatte, vertraute Oldfield immerhin so weit, dass er das Geld für eine Woche Studiomiete auftrieb. In dieser Woche nahm der damals 19-Jährige im Alleingang das knapp 50-minütige Stück auf. Eine Soundreise, inspiriert von amerikanischen Minimalisten wie Steve Reich oder Philip Glass. Über 2000 Overdubs waren nötig, bis Oldfield, der gut zwei Dutzend Instrumente bediente, das Stück im Kasten hatte. Schicht um Schicht türmte er auf, jedes neu hinzukommende Instrument wurde namentlich angesagt. Spötter sprachen von „Pink Floyd light“. Das Ergebnis aber wurde 16 Millionen Mal verkauft. Welche musikalische Substanz durchaus in „Tubular Bells“ steckt, wird etwa deutlich in der Einspielung des Duo Sonare von 1996: Zwei wackere deutsche Gitarrenprofessoren haben das Stück seines orchestralen Pomps entkleidet und seine fein gesponnene Komposition freigelegt.

Der frühe Erfolg blieb für Oldfield nicht ohne Schatten. Zerwürfnisse, Krisen, Therapien gehörten lange zu seinem Alltag. Mit Branson, dem umtriebigen Geschäftsmann, der ihn zu poppigen, kürzeren Formen drängte, zerstritt er sich (Oldfield schickte ihm in einem Stück sogar ein „Fuck You“ als Morse-Code). Es scheint, als hätte Oldfield mit 19 Jahren bereits alles gesagt und seitdem nur mehr Variationen davon schreiben können. Auch diesmal, wo es um die allem Seienden innewohnende kosmische Harmonie, die „Musica Universalis“ gehen soll, mit Symphonieorchester und Gästen wie dem Pianisten Lang Lang. Schon in der ersten Minute klingt das Thema an, und es zieht sich durch bis zum Finale. Oldfield spielt erneut das Motiv seines Lebens. Das klingt tragisch – und ist es leider auch. Ralph Geisenhanslüke

Ralph Geisenhanslüke

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