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Kultur: Hör und juchze

POP-MUSIK

Passend zum Comeback der 80er-Jahre haben sich auch die Veteranen des Elektrorock zusammengerauft, der seine Breitenwirkung erst heute so richtig zu entfalten scheint: Suicide – das Ding nach Elvis und vor Techno! Bereits vor über 30 Jahren sind sie erstmals zusammen im New Yorker Untergrund aufgetaucht und haben 1977 ihr Debütalbum in die Welt geschleudert. Wer so angefangen hat, der muss nicht mehr zurück. Und so klingt ihr Auftritt im Polar.TV auch, als hätten sie bei allen Stadien ihrer Rezeptionsgeschichte mitgemacht und setzten nun nach zehnjähriger Auszeit beim neuesten Stand an. Als typische New Yorker Underground-Band standen sie dabei schon immer zwischen Parodie und Ernst – Alan Vega, der Sänger und Rockabilly-Fan, mit Sonnenbrille, Stirnband, dunkler Trainingsjacke und ein stolzes Schmunzeln im aufgedunsenem Soprano-Gesicht. Links der Keyboarder Martin Rev, auch er ganz in Schwarz, das Gesicht mit Falten überzogen, die Augen Bladerunner-artig hinter eine Future-Sonnenbrille versteckt. Status Quo bleibt Vegas großspurig pathetische Gestik, wie er nölt und rappt und sich in seine berüchtigte Alkoholkater-Sentimentalität fallen lässt.

Die eigentliche Show liefert aber der ultracoole Martin Rev, der zur hämmernden Beatbox mit geballten Fäusten wilde Freeform-Kürzel aus dem Keyboard trommelt – musikalische Gewalttätigkeit, als dehnbare Plattform, auf der die Paranoia heult. Dabei spielen sie fast nur neue Stücke mit Hip-Hop-Beats und Heavy-Metal-Samples, reiten ihren „Ghostrider“ komplett gegen die Wand und bringen als Zugabe eine zuckersüße Version von „Cheree“ – ein Bonbon, das das begeisterte Publikum ebenso gerne mit nach Hause nimmt wie die Erkenntnis, das Suicide noch nicht erledigt sind. Die beiden halten zusammen wie Jack Lemmon und Walter Matthau. Ihre Fans sind jung – jung geblieben und jung an Jahren. Ist das nicht schön?

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