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Huldigungen: Exzentrisch, praktisch, gut

Im Panorama der Berlinale laufen zwei Künstler-Dokus: Über das dänisch-norwegische Künstlerpaar Michael Elmgreen und Ingar Dragset und den mittellos in Hamburg verstorbenen Fotografen Herbert Tobias.

Dokumentarfilme über Künstler können eine verflixte Sache sein. Welche künstlerische Sprache wählt der Regisseur selbst? Wie bringt er statische Werke ins bewegte Bild? Nur selten reißt die eigene Begeisterung für den Gegenstand, die Person auch das Publikum mit. Glücklicherweise ist es ohnehin meist überzeugt von der Bedeutung des Werks, eine eingeschworene Gemeinde bestätigt sich im Kinosaal. Ihre großen Momente haben solche Dokumentarfilme meist nur dann, wenn ein kluger Satz fällt über die Kunst, das Leben, die Welt.

Mit „How Are You“ und „Leicht muss man sein, um fliegen zu können“ versuchen sich zwei Berlinale-Filme in diesem Genre. Der erste porträtiert das dänisch-norwegische Künstlerpaar Michael Elmgreen und Ingar Dragset. Spätestens seit seinem Erfolg vor zwei Jahren auf der Biennale in Venedig, wo es den skandinavischen Pavillon in die Villa eines gescheiterten Sammlers verwandelte, besitzt das Duo Starkult. Der zweite Film stellt den 1982 mittellos in Hamburg verstorbenen Fotografen Herbert Tobias vor, dessen Armengrab gerade noch gerettet und in ein Ehrengrab umgewandelt werden konnte. Seit einigen Jahren entdeckt die Museumswelt seine Bilder neu und feiert – zuletzt die Berlinische Galerie – den exzentrischen Modefotografen mit Ausstellungen.

Beide, das Duo Elmgreen & Dragset sowie Tobias, verstehen Homosexualität als Teil ihrer künstlerischen Identität, mal mehr, mal weniger offensiv ins Werk gebracht. Die Skandinavier gestalteten das Berliner Mahnmal für die verfolgten Schwulen im Dritten Reich. Hier fällt ein schöner Satz von Elmgreen, als er seinem Ärger darüber Luft macht, dass auf der Einladung des Kulturstaatsministers zur Einweihung von „The Kiss“ eben jenes küssende männliche Paar nicht abgebildet werden darf: „Wie leid tut es euch eigentlich wirklich?“ Macht und Ohnmacht der Kunst scheinen auf in diesem bitteren Vorwurf. Doch der Film von Jannik Splidsboel interessiert sich nicht dafür. Der Regisseur verharrt in Bewunderung, zeichnet brav den Weg vom in der Heimat unbeachteten Künstlerpaar nach, dem erst mit dem Umzug nach Berlin der Durchbruch gelang. Inzwischen kennt sie auch die dänische Königin.

Auch Annette Frick ergreift in ihrer Hommage an Herbert Tobias nie selbst das Wort. Nur am Ende kommt sie kurz ins Bild, als sie eine Rose aufs Grab legt. Die Regisseurin befragt Wegbegleiter, Modelle, Liebhaber, eine schier endlose Reihe. Das Bild einer schillernden Persönlichkeit entsteht, geprägt von Kriegserlebnissen, berühmt geworden mit Trümmerbildern, vor denen Tobias Mannequins posieren ließ, und schließlich der offensiv schwule Fotograf für Männermagazine, der das „Fistfucking“ zeigt. Stets gibt es hinter den Bildern eine zweite Wahrheit – wie beim Porträt des jungen Andreas Baader, dessen Haar zwei Hörner bildet. Der Galerist Rudolf Zwirner, den Tobias in jungen Jahren als geheimnisvollen Schönling inszeniert, sagt den anderen Satz, der hängen bleibt: „Der Fotograf entscheidet über das Objekt.“

„Leicht muss man sein“: Freitag 17 Uhr (Cinestar 7); 19. 2., 14.30 Uhr (Cinestar 7); „How Are You“: 19. 2., 15.30 Uhr (Colosseum 1)

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