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Das Humboldt-Forum in Berlin.

© dpa

Humboldt-Forum: Von Papua bis Pergamon

Was ist das Beste, das dem Humboldt-Forum passieren kann? Dass es eine intellektuelle Baustelle bleibt, ein Kosmos, der sich ausdehnt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Rüdiger Schaper

Die gute Nachricht zuerst: Deutschlands größte Kulturbaustelle liegt im Plan. Die Kosten bleiben bisher im Rahmen. Wer Unter den Linden spaziert, kann den baulichen Fortschritt mit Händen greifen. Das Humboldt-Forum im Berliner Schloss, wie es offiziell heißt, wächst und gedeiht. Im September 2019 soll Eröffnung gefeiert werden.

Und nun kommt nicht die schlechte Nachricht, wie man vielleicht erwarten könnte, sondern noch eine gute: Neil MacGregor nimmt endlich seine Arbeit für das Humboldt-Forum auf. Der langjährige Direktor des British Museum in London soll dem neuen Zentrum für Weltkulturen in der deutschen Hauptstadt den entscheidenden Kick geben, den globalen Drive. Dafür hat Kulturstaatsministerin Monika Grütters – mit dem Segen der Bundeskanzlerin – MacGregor geholt. Damit nicht bloß ein ethnologisches Museum neueren Typs entsteht.

Aber die Zeit ist knapp, jetzt noch Grundsätzliches in Innenleben des Humboldt-Forums, also der Präsentationsweise der außereuropäischen Sammlungen zu ändern. Die berühmten Boote aus der Südsee, die chinesische Höhle mit den Wandmalereien, die mesoamerikanischen Riesenstelen, alle noch in Dahlem, haben längst ihren Platz in den Planungen für ihr künftiges Domizil in Mitte. Die Museumsleute von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz sprechen von Modulen – für Epochen, Gebiete, Themen. Da wird die Welt schon wieder fein sortiert.

Wer aufteilt, der will herrschen

Neil MacGregor ist kein Wundermann, der das Rad der Geschichtsdarstellung neu erfunden hat. Aber der Brite versteht sich auf das Erzählen von Zivilisationen, Brüchen und Zusammenhängen. Er kann überraschende Narrative formen. Er sagt: Es gibt in der Welt wenige Orte, an denen man die Welt erzählen kann im Museum. Paris, New York, St. Petersburg und London gehören dazu. Und Berlin.

Bei einem Treffen mit Berliner Museumsleuten in Dahlem fragte MacGregor kürzlich: Wo ist hier der Islam? Die Dahlemer waren verärgert, haben sie doch Weltklassesammlungen aus Afrika, Ozeanien, Amerika. Die Antwort lautet: Wenn man aus dem Humboldt-Forum zur Museumsinsel schaut, dann findet man auch den Islam. Dort gibt es das Museum für Islamische Kunst und das Vorderasiatische Museum, beide mit hervorragenden Direktoren und frischen Ideen.

Der Humboldt’sche Grundgedanke wirkt bereits

Aber diese Häuser oder Abteilungen sind im Grunde immer noch nach Kriterien der Kolonialzeit aufgebaut, jedenfalls dem Namen nach. Das gilt für Dahlem mit dem Ethnologischen Museum und dem Museum für Asiatische Kunst. Neil MacGregor, Hermann Parzinger und Horst Bredekamp, die Gründungsintendanten des Humboldt-Forums, haben eine wunderbare Aufgabe: die Brücke zu bauen vom Humboldt-Forum zur Museumsinsel. Hier die Azteken, dort die Ägypter. Hier Papua-Neuguinea, dort Pergamon. So hat es Alexander von Humboldt gesehen. Die Welt als Ganzes: Wer aufteilt, der will herrschen.

Der Humboldt’sche Grundgedanke wirkt bereits. Es wird die Frage der Provenienz gestellt. Also nicht nur: Wo ist der Islam? Sondern: Wo kommen die Stücke her? Was ist das Beste, das dem Humboldt-Forum passieren kann? Dass es eine intellektuelle Baustelle bleibt, ein Kosmos, der sich nun einmal ausdehnt. Wenn diese Offenheit und Transparenz mehr kostet als geplant, wenn umgedacht wird, dann muss es sein. Jetzt – oder die einmalige Chance ist vertan.

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