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Kultur: Humboldt war hier

„Black Box Ecuador“ auf dem Schlossplatz

Als der Berliner Naturforscher Alexander von Humboldt 1802 die im Andenhochland gelegene Stadt Quito erreichte, gehörte sie noch zum spanischen Vizekönigreich Neugranada. Sieben Jahre später gingen von der künftigen Hauptstadt Ecuadors die lateinamerikanischen Unabhängigkeitsbewegungen aus, deren 200. Jahrestag nun gefeiert wird.

Auf dem Berliner Schlossplatz kommen Humboldt und Ecuador jetzt wieder zusammen. Dort, wo ab 2014 das HumboldtForum entstehen soll, findet sich nun die Installation „Black Box Ecuador“. Sie stellt das Konzept der Black Box auf den Kopf. Normalerweise ist deren Inhalt nicht ohne weiteres zugänglich, in diesem Fall stecken die vier schwarzen Würfel jedoch voller Informationen, die nur darauf warten, von interessierten Besuchern in Augenschein genommen zu werden.

Thema der vom „Büro für Kulturelle Angelegenheiten“ in Kooperation mit der „Stiftung Berliner Schloss –Humboldtforum“ konzipierten Ausstellung ist das Chota-Tal, eine der ärmsten Regionen Ecuadors und neben der Provinz Esmeraldas Hauptsiedlungsort der Afro-Ecuadorianer. Sie sind Nachfahren afrikanischer Sklaven, die von den Spaniern nach Amerika verschleppt wurden, und leiden noch heute unter Marginalisierung und Diskriminierung. Im ersten Würfel, der auf einer Ecke zu balancieren scheint, kann man durch Sichtschlitze die Geografie des Tals und die Routen des Sklavenhandels nachverfolgen, während man einen Essay Alexander von Humboldts hört, in dem er sich gegen die Sklaverei ausspricht. In der zweiten Box wird der Kampf um Leben und Freiheit geschildert, den die AfroEcuadorianer seit dem 16. Jahrhundert führten. Erst 2008 wurden in der Verfassung Kollektivrechte festgelegt, womit die Existenz und Tradition der Afro-Ecuadorianer erstmals offiziell anerkannt sind. Musik, Gesang und Tanz waren für die Sklaven eine Möglichkeit, dem Elend der Zwangsarbeit zumindest vorübergehend zu entfliehen. Mit dem Tanz „Bomba del Chota“ erinnern die Bewohner des Tals bis heute an ihre afrikanischen Wurzeln. Und ihre Musik ist immer auch ein politisches Statement: Ausdruck ihres Stolzes auf Rituale und Traditionen.

Die letzte Box widmet sich dem Bereich, für den das Chota-Tal berühmt ist: Fußball. Obwohl sie nur 10 Prozent der Bevölkerung stellen, besteht die Hälfte der Nationalmannschaft, die mit Agustín Delgado bei der WM 2006 das Achtelfinale erreichte, aus Afro-Ecuadorianern. Und das, obwohl es im Chota-Tal nur sandige Schotterplätze gibt, die mit Steinen übersät sind. Ein Trainer aus der Region bringt es auf den Punkt: „Wer es auf diesem Platz schafft, für den ist ein Spiel auf Rasen wie ein Spaziergang.“ In Berlin haben es die Bewohner des Chota-Tals auf den Rasen des Schlossplatzes geschafft. Daniel Grinsted

Schlossplatz Berlin-Mitte, bis 22. Oktober, täglich 10 bis 18 Uhr, Eintritt frei

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