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Kultur: Hymnen auf die Dämmerung

JAZZ

1948, mitten in der Hochphase des Bebop, gründete der 22-jährige Miles Davis mit dem Arrangeur Gil Evans eine vollkommen neuartige Band. Ein Nonett, das die Ruhe dem Sturm vorzog und dafür so ungewöhnliche Instrumente wie Horn und Tuba einsetzte. Count Basie saß bei den ersten Konzerten im Publikum und urteilte: „Slow and strange, but good, real good“. Seitdem wurde der Jazz durch jedes erdenkliche Experiment geschleift. Mit Marc Muellbauers Gruppe „ Kaleidoscope “ kehrt er zum Nonett zurück. Im Berliner B-flat tauchen Klarinetten, Horn und Flügelhorn die Kompositionen des 34-jährigen Bassisten in gedeckte Farben. Wie die Themen anfangs fugenartig von Bläser zu Bläser gereicht werden, wie die Konturen dann immer mehr verschwimmen: Hymnen auf die Dämmerung. „Winterfeld“ heißt eines der Stücke, sehr passend. Der aus London stammende Muellbauer hat für „Kaleidoscope“ einige der besten Jazzer Berlins gewonnen, Sven Klammer am Flügelhorn oder Roland Neffe am Marimbafon. Erstaunlich, wie sich diese Band entwickelt hat. Muellbauers Stücke brauchen eine Viertelstunde, um zum Punkt zu kommen, mindestens. Die neun Jazzer wissen, dass man hellwach sein muss, um nicht vom Weg abzukommen. Langsam ist diese Musik. Vielleicht auch seltsam. But good, real good.

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