zum Hauptinhalt

Kultur: „Ich wollte den Film nicht nur aus Wut drehen“

Sie wollten „Water“ schon vor Jahren drehen, mussten den Dreh in Indien aber abbrechen, weil religiöse Fundamentalisten das Filmset angegriffen haben. Wurden Sie von offizieller Seite nicht geschützt?

Sie wollten „Water“ schon vor Jahren drehen, mussten den Dreh in Indien aber abbrechen, weil religiöse Fundamentalisten das Filmset angegriffen haben. Wurden Sie von offizieller Seite nicht geschützt?

Die Menschen, die protestiert haben, waren der kulturelle Arm der Regierung. Man hat zwar so getan, als wolle man uns beschützen. Sie haben 300 Mitglieder der Armee aufs Filmset geschickt – mit Maschinengewehren. Sie haben alles dafür getan, dass wir nicht mehr arbeiten konnten. Irgendwann wurde der Dreh von der Regierung aus Sicherheitsgründen gestoppt.

Sie haben „Water“ dann beinahe fünf Jahre später in Sri Lanka neu gedreht. Warum nicht mehr in Indien?

Als unser Drehort geschlossen wurde, war das sehr dramatisch. Wir hatten immerhin eine Drehgenehmigung. Es war alles so unlogisch. Ich war schrecklich wütend. Zwei andere indische Provinzen haben uns eingeladen, bei ihnen weiter zu drehen. Dort hätten sie uns wohl wirklich beschützt vor den Fundamentalisten. Aber dann habe ich gemerkt, dass mit dem Film irgendetwas nicht mehr stimmt. Was nicht mehr stimmte, war ich. Es ging mir nur noch darum, es den Fundamentalisten zu zeigen. Wenn ich den Film damals gemacht hätte, wäre er verzerrt worden von meiner Wut. Irgendwann war die Wut weg und wir konnten neu beginnen. In Indien wollte uns niemand mehr versichern. Also gingen wir nach Sri Lanka. Es wurde ein wunderschöner Dreh. Ohne Wut, ruhig und friedlich. Und ohne Politik. Die Kombination von Kunst und Politik ist schrecklich.

In der Zwischenzeit haben Sie „Bollywood/Hollywood“ gedreht, eine romantische Komödie. Indien hat mit dem Bollywood-Kino derzeit einen neuen Export-Schlager. Warum kommt Bollywood im Westen so gut an?

Ich glaube, das hängt mit dem politischen Klima zusammen. Der Westen lebt derzeit in der Angst, dass der 11. September die Welt grundlegend verändert hat. Man hat Angst vor dem Unbekannten, dem Fundamentalismus. Und da kommt Bollywood und bietet drei Stunden Unterhaltung. Man darf sich verlieren in Farben, Liedern, Tänzen. Bollywood ist wie eine Art Fast Food.

Interview: Karl Hafner

DEEPA MEHTA , geboren 1950 in Indien, lebt seit 1973 in Kanada. Bisherige Filme: „Camilla“ (1993), „Fire“ (1996), „Earth“ (1998), „Bollywood/Hollywood“ (2002)

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false