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Harp (Idris Elba, links) führt seinen Sohn Cole (Caleb McLaughlin) in die Tradition der urbanen Reitkunst ein.

© Netflix

Idris Elba auf Netflix: High Noon mit Investor

Idris Elba sitzt im Großstadtwestern „Concrete Cowboys“ fest im Sattel. Das nächste Kapitel in der Renaissance des schwarzen Westernhelden.

Von Andreas Busche

John Coltrane hat schon viele Vorbildfunktionen erfüllen müssen, aber vermutlich noch nie für Cowboys. Als Vater hat Harp, gespielt von Idris Elba, gründlich versagt. Er musste ins Gefängnis, als seine Frau schwanger war, seinen Sohn hat er darum nicht aufwachsen gesehen. Harp hatte nur einen Wunsch: Er wollte dem Jungen den Namen des größten Musikers aller Zeiten geben. An so einem Vermächtnis hat ein 15-jähriger natürlich zu knabbern.

Als Cole (Caleb McLaughlin aus „Stranger Things“) nach einer Prügelei zu viel endgültig von der Schule fliegt, reicht es seiner Mutter. Sie schickt den Jungen mit zwei Plastiktüten voller Klamotten zum Vater nach Philadelphia, wo der in einer schwarzen Nachbarschaft ein paar Pferdestallungen verwaltet.

Und so kommt es zur schönsten Szene in Ricky Staubs Regiedebüt „Concrete Cowboy“. Nach einem Streit mit Cole legt Harp, der mit den Pferden unter einem Dach lebt, John Coltranes „I Wish I Knew“ auf. Die Nadel gleitet über das Vinyl, während Harp erzählt, wie der vaterlose John, damals im selben Alter wie Cole, zu seiner Mutter nach Philly zog und sie ihm eine Saxofon schenkte. „Danach war die Welt nicht mehr dieselbe.“

Im amerikanischen Kino dreht sich diese Sorte von Bildungsroman, in dem die Kunst als rettender Strohhalm aus der sozialen Misere dient, stets um den Nationalmythos, dass es im land of the free jeder zu etwas bringen kann. Am Ende gewinnt in der Hollywood-Version dann aber meist doch nur ein junger Mensch aus einem „gefährlichen“ Viertel einen Hip-Hop-Battle. In „Concrete Cowboy“ reitet dafür jetzt eine Posse schwarzer Cowboys zum Showdown gegen böse Gentrifizierer durch ihre heruntergekommene Nachbarschaft.

Hollywood schrieb schwarze Cowboys aus der Filmgeschichte

So lange uns Idris Elba als James Bond vorenthalten wird, begnügen wir uns mit dem Briten gerne als Coltrane-Fan und Großstadtcowboy. Schwarze Cowboys sind ja seit Kurzem in den Pop-Kanon eingeritten: vor fünf Jahren Denzel Washington in „Die glorreichen Sieben“, zuletzt Lil Nas X mit seinem viralen Hit „Old Town Road“, der einen kleinen Hype um schwule schwarze Stetson-Träger auslöste.

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In Staubs Film sitzen die Männer abends zusammen und beschweren sich darüber, dass Hollywood sie aus der Filmgeschichte geschrieben hat. Im Alten Westen war ein Viertel aller Cowboys, meist einfache Rancharbeiter, schwarz.

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„Concrete Cowboy“ spielt in einer weitgehend vergessenen Subkultur. Schwarze Pferdefarmen haben in Philadelphia – als innerstädtische soziale Einrichtungen – eine lange Tradition, der „Fletcher Street Urban Riding Club“ gehört zu den letzten verbliebenen.

Echte Cowboys und -girls vor der Kamera

Wie bereits Chloé Zhao in ihrem Rodeo-Drama „The Rider“ (2017) hat auch Staub mit echten horsemen und horsewomen gearbeitet. Fast wünscht man sich, dass er – trotz eines Idris Elba – gleich einen Dokumentarfilm gedreht hätte. Die Laiendarsteller:innen aus der Fletcher Street sind allesamt fantastisch.

Stattdessen reichert er in „Concrete Cowboy“ die dokumentarischen Szenen von der Arbeit auf der Großstadtranch noch mit einem unvermeidlichen Drogenplot an, weil sich Coles Freund Smush (Jharrel Jerome) mit dem lokalen Dealer anlegt.

Der Vater-Sohn-Konflikt ist halbwegs überzeugend, auch wenn Staub viel Drama ins Skript packt. Western-Fans können aber sogar ein paar John-Ford-Referenzen entdecken. Elba und McLaughlin hoch zu Pferd, vor einem roten Sonnenuntergang über Ruinen. (Auf Netflix)

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