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Der Schauspieler Manfred Krug ist im Alter von 79 Jahren in Berlin gestorben.

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Update

Im Alter von 79 Jahren: Schauspiellegende Manfred Krug ist tot

Der deutsche Schauspieler, bekannt als "Liebling Kreuzberg" und "Tatort"-Kommissar, ist im Alter von 79 Jahren in Berlin gestorben.

Er war „Tatort“-Kommissar, der Anwalt aus „Liebling Kreuzberg“ und zu DDR-Zeiten ein Star der DEFA-Filme: Manfred Krug ist tot. Er starb am vergangenen Freitag im Alter von 79 Jahren friedlich im Kreise seiner Familie in Berlin, wie sein Management am Donnerstag mitteilte. „Er wünschte sich eine Bestattung im engsten Familienkreis.“ Zuerst hatte die „Bild“-Zeitung online über Krugs Tod berichtet.

Zuletzt war es stiller geworden um den in Ost wie West erfolgreichen Schauspieler. Krug hatte sich anders als viele Schauspielerkollegen mit dem Rentenalter aus dem Geschäft zurückgezogen. Und er war zufrieden damit: „Ich habe nichts zu jammern“, sagte Krug im April (2013), als er an der Seite seiner Frau Ottilie im Roten Rathaus in Berlin das Bundesverdienstkreuz bekam.

Manfred „Manne“ Krug, optisch ein bisschen die deutsche Antwort auf den glatzköpfigen „Kojak“. Er war nicht nur ein knorriger Schauspieler, sondern auch Autor und Musiker, ein Multitalent.

"Er hat uns Schwächen und Stärken der Menschen vor Augen geführt"

Bundespräsident Joachim Gauck würdigte Krug als einen der glaubwürdigsten und populärsten Schauspieler unserer Zeit. In einem Kondolenzschreiben an Krugs Frau Ottilie schrieb Gauck: „In vielen Rollen im Fernsehen, im Kino und auf der Bühne hat er uns in seiner wundervollen Art Schwächen und Stärken der Menschen vor Augen geführt.“ Krug sei zu Recht mit vielen Auszeichnungen geehrt worden - auch wenn er stets wenig Aufhebens darum gemacht habe. „Ihr Mann hat die Herzen der Menschen mit seiner Kunst auf einzigartige Weise erreicht“, schrieb Gauck an Ottilie Krug.

Roswitha Schreiner, die Krugs TV-Tochter Sarah in „Liebling Kreuzberg“ spielte, reagierte tief betroffen. „Ich muss mich erstmal sortieren, es geht mir unheimlich nah. Er war mein Fernsehpapa“, sagte sie Focus Online. „Er hatte Rückgrat. Er stand ein für seine Überzeugungen. Er war unkorrumpierbar und geradlinig. Das haben die Zuschauer bewusst oder unbewusst gespürt. Deshalb war er so beliebt.“

Herr Krug, ein Schauspieler, der niemals durch seine Auftritte und Rollen nervte. Er war mehr ein sehr guter Bekannter, den man immer wieder gerne zuhause ins Wohnzimmer "ließ". Das können nur ganz Wenige. Das hat Klasse. Danke.

schreibt NutzerIn Havelzander

Schauspieler Michael Kausch, der in „Liebling Kreuzberg“ den Rechtsanwalt Giselmund Arnold spielte, sagte dem Sender SWRinfo zum Tod von Krug: „Es berührt mich schon mehr, als ich es im Augenblick ausdrücken kann.“ Geschätzt habe er die Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit von Krug - auch wenn der Schauspieler ein schwieriger Mensch gewesen sei. „Er war ziemlich impulsiv und aufbrausend und auch sehr ungerecht gegenüber Mitarbeitern. Was er gedacht hat, das hat er einfach losgepoltert. Aber was ich immer geschätzt habe, war, dass er überhaupt keine Taktik gefahren ist.“

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) reagierte mit Betroffenheit auf die Nachricht von Krugs Tod. „Wir verdanken diesem großartigen Schauspieler viele unterhaltsame und anregende Stunden“, erklärte Müller. „In jeder Rolle war Krug unverkennbar, er war ein Typ, den man nicht vergessen konnte. Seine große Leistung liegt darin, dass er erst in Ost, dann in West und schließlich in ganz Deutschland ein Star geworden ist.“

Prinzen-Sänger Sebastian Krumbiegel sagte in SWRinfo, Krug sei einer der wenigen Künstler gewesen, der nach einer Karriere in der DDR auch im damaligen Westdeutschland den Durchbruch geschafft habe. „Dass er im Osten schon eine Kultfigur war, ist die eine Seite. Die andere Seite ist die, dass er dann eben im Westen als einer der ganz wenigen es geschafft hat, seine Qualität durchzusetzen und weiterhin oben zu bleiben.“

„Als Schauspieler auf die Welt gekommen“

Der gebürtige Duisburger Krug kam als Kind mit seinem Vater 1949 in die gerade entstehende DDR. 1977 ging er nach seinem Protest gegen die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann in den Westen, wo er seine Karriere fortsetzen konnte. Schlagzeilen gab es, als Krug in den 90er Jahren für Telekom-Aktien warb. Später entschuldigte er sich bei den Aktionären für die erlittenen Verluste.

Krug war gelernter Stahlschmelzer. Aber er sagte einmal über sich, er sei „als Schauspieler auf die Welt gekommen“. In frühen Jahren verehrte er Hollywoods Star-Cowboy Gary Cooper. Denn der „hat nie etwas anderes gespielt als sich selbst, und das ist die Hohe Schule“, schrieb Krug in seinen Jugenderinnerungen „Mein schönes Leben“ (Econ).

Krug, der vier Kinder hinterlässt, hatte viel zu erzählen. In der DDR war er der „Tausendsassa der DEFA-Filme“, wo er in den Babelsberger Studios seit 1961 unter Vertrag stand. Da gab es auch mal den einen oder anderen „schrecklichen Film“, wie er sich erinnert. Auch im Fernsehen seien es anfangs „oft klägliche agitatorische Ost-West-Stücke“ gewesen, wie er in seinem „Bilderbuch“ schreibt. „Aber ich wollte lernen, ich wollte spielen, ich wollte mich zeigen.“

Später war er im Westen das liebenswerte und auch manchmal ruppige „Raubein, das von drüben kam“, wie ihn Zeitungen nannten. Mit Filmen wie „Mir nach, Canaillen!“, „Wege übers Land“, „Fünf Patronenhülsen“ und „Auf der Sonnenseite“ wurde Krug einer der populärsten Kino- und Fernseh-Schauspieler im Osten Deutschlands. Von 1969 bis 1973 wurde er mehrmals zum Publikumsliebling gewählt. Später gehörte er zu den Künstlern, die auch in der Bundesrepublik - nach einigen Anlaufschwierigkeiten und Ängsten - den beruflichen Anschluss fanden.

Hier ermittelte er von 1984 bis 2001 als brummiger wie musikalischer „Tatort“-Kommissar Stoever in Hamburg. Als „Liebling Kreuzberg“ spielte er den populären Anwalt, der ein Herz für die kleinen Leute hat. Im ARD-Vorabendprogramm war Krug jahrelang der abenteuerlustige Truckerfahrer, der weltweit „Auf Achse“ war.

Gesundheitliche Warnschüsse wie ein Schlaganfall 1997 in seiner Berliner Wohnung, von dem er sich ironischerweise in einer Rehaklinik auf dem Gelände der einstigen „SED-Bonzensiedlung“ Wandlitz erholte, hatte Krug denn doch nicht ganz ignorieren wollen. Es wurde in den vergangenen Jahren still um ihn - bis auf musikalische Ausflüge als Jazzinterpret und Chansonsänger („Es steht ein Haus in New Orleans“), an seiner Seite Sängerin Uschi Brüning. Das letzte Mal zeigte sich Krug am Rande der Berlinale, als ihm der "Paula"-Preis verliehen wurde. Eigentlich war für den Januar 2017 ein Geburtstagskonzert mit Uschi Brüning geplant.

Zum Thema Stasi hatte Krug eine eindeutige Haltung

Er sei einer, der sich immer engagierte und den Mund nicht hielt - so lobte ihn einmal Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit. Wie vom Donner gerührt war der ansonsten eher unerschrockene Schauspieler, als der 1965 gedrehte Frank-Beyer-Film „Spur der Steine“ mit Krug als aufmüpfig-anarchistischer Baubrigadier von der SED verdammt wurde. „Meine bis dahin schönste Rolle - futsch.“ Der Film habe „zwei Sorten Elend“ in der DDR gezeigt, wie Krug in seinen „Bilderbuch“-Erinnerungen schrieb: „Die verheuchelte Parteimoral einerseits und die katastrophalen Arbeitsvoraussetzungen andererseits.“

Das Fass zum Überlaufen brachte dann die Biermann-Ausbürgerung im November 1976. Nach dem massenweisen Künstlerprotest, dem sich auch Krug angeschlossen hatte, wurde der Schauspieler beruflich kaltgestellt und von Stasi-Leuten verfolgt. Zum Thema Stasi hatte Krug eine eindeutige Haltung, er war gegen einen Schlussstrich unter die Stasi-Akten, auch nach über 20 Jahren nach dem Mauerfall. „Die sollen sich ruhig noch eine Weile gruseln davor, dass da noch was rauskommen kann.“

Das inzwischen legendäre Protest-Treffen gegen die Biermann-Ausbürgerung 1976 mit Künstlern und Schriftstellern wie Christa Wolf, Stefan Heym, Hilmar Thate und Jurek Becker in Krugs Haus mit dem SED-Politbüromitglied Werner Lamberz nahm der Schauspieler heimlich auf Tonband auf, heute ein einzigartiges Zeitdokument. Krug veröffentlichte das Tonbandprotokoll und seine Erinnerungen daran 1996 unter dem Titel „Abgehauen“, was vom Regisseur Frank Beyer später auch verfilmt wurde.

An seine Übersiedlung in den Westen 1977 erinnerte sich Krug noch sehr genau: „Ich hatte Angst, die größte Angst in meinem Leben. Nochmal von vorn anfangen? Aber kriech ich zu Kreuze, bin ich kaputt. Kriech ich nicht, machen sie mich kaputt.“ (Tsp/dpa)

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