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Kultur: Im Angesicht der Akropolis

Der Kunstsammler Heiner Bastian plant einen Neubau vis-à-vis der Museumsinsel – mit prominenten Architekten

Die kleinen Räume im obersten Stockwerk des Pergamon-Museumsflügels waren gestern gesteckt voll. Geladen hatten die Staatlichen Museen zur Eröffnung einer Ausstellung, die sie selbst nicht verantworten. Heiner Bastian, Kunstmanager, -händler und -sammler, graue Eminenz hinter dem Großsammler Erich Marx – Heiner Bastian also und seine Familie wollen das von ihnen vor zwei Jahren erworbene Grundstück mit der Adresse Hinter dem Gießhaus 1, vis-à-vis der Museumsinsel, bebauen. Aber nicht mit irgendeinem Bau, sondern einem Haus für die Kunst, mit 800 bis 1200 Quadratmetern Ausstellungsfläche und obenauf, wie es die Regeln vorschreiben, einer oder zwei Wohnungen; und all das entworfen von einem renommierten Architekten. Fünf haben die Bastians eingeladen, deren Entwürfe nun im Pergamon-Museum gezeigt werden (Nordflügel, 2.OG, bis 30. März, kein Katalog).

Die gestrige Eröffnung geriet zur Weihestunde oder auch zu einer Lektion in Erhabenheit; denn Bastian lies die Gelegenheit nicht aus, dem Berliner Bauwesen die Leviten zu lesen. „Nie zuvor wurde in einem Jahrzehnt soviel Zukunft verbraucht“, bilanzierte er. Senatsbaudirektor Hans Stimmann, für solchen „Mangel an Utopiewillen“ zumindest mitverantwortlich, hörte es mit unbewegter Miene. „Die nicht unproblematische Situation der Stadt fordert zum Engagement der Bürger“, steckte Bastian-Sohn Aeneas den gesellschaftlichen Rahmen des familiären Engagements ab; CDU-Landesvorsitzender Christoph Stölzl wird’s mit Wohlgefallen gehört haben. Ihm, damals noch Direktor des Deutschen Historischen Museums, ist zu verdanken, dass das Grundstück aus der Verfügungsmasse der Humboldt-Universität herausgelöst und zu einer hochrangigen Nutzung bestimmt wurde.

Fünf Architekten, die einfach mal so entwerfen? Das immerhin ist eine Leistung – und eine wahrlich bleibende, wenn es zum Bau, über dessen Umfang, Kosten und Finanzierung sich Bastian beharrlich ausschwieg, tatsächlich kommen sollte. Was genau sie planen sollten, blieb also auch den Architekten verborgen; sie hatten als Vorgabe die Idee eines Ausstellungs- oder Galeriehauses, und so durften ihre Entwürfe in der zauberhaften Sphäre reiner Architektur bleiben.

Das jedenfalls dokumentiert am deutlichsten der Berliner Hans Kollhoff, der einen klassizistischen Tempel auf überhohem Sockel vorschlägt, eine Art zweiter (Alter) Nationalgalerie. Frank Gehry, vor Jahren der Favorit der Staatlichen Museen für die Sanierung der Museumsinsel, kommt mit einer konventionellen, jedoch auf luftigem Sockelgeschoss schwebenden Kiste mit drei Fassadenvarianten daher. Der Schweizer Peter Zumthor liebt es wie stets archaisch und fügt ein Bauwerk aus massiven Stein- und Betonblöcken, regelrechten Monolithen à la Mykene. Nur der New Yorker Ron Radziner – einziger Unbekannter der Riege – fällt beim Test auf ästhetische Absolutheit leider völlig durch, mit einer Metallfassade, die an Kaufhausarchitektur der sechziger Jahre denken lässt.

Bleibt David Chipperfield, der zurzeit mit der Rekonstruktion des Neuen Museums und dem vorgelagerten Eingangsbau die schwierigsten Aufgaben der Museumsinsel-Sanierung meistert. Er amtierte gestern als „Sprecher“ der geladenen Architekten, hob die Bedeutung des Grundstücks „im Angesicht der Akropolis“ hervor – und präsentiert mit seinem eleganten Natursteingehäuse, der Schinkelsche Ideen in einer zeitgemäß-zeitlosen Formensprache aufgreift, den mutmaßlichen Siegerentwurf. Aber darüber zu entscheiden, behält sich Bastian effektvoll für später vor. Erst einmal will er mit dem Senatsbaudirektor durch die Ausstellung gehen – um sich dessen „Meinung anzuhören“. In einer arm gewordenen Stadt ist der Mann mit Geld (und Ambitionen) der wahre Herr.

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