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Kultur: Im Datenmüll

Eine Berliner Künstlerin baut alte Computer nach

Eine Flasche Rotwein war der Preis. Dafür hat ihr ein Freund seinen alten Computer abgetreten. Die Berliner Künstlerin Katrin von Maltzahn hat die Computereinzelteile in Tonskulpturen überführt. Rötlich, körnig, als wären sie gerade erst aus der Erde gezogen, liegen die skurrilen Teile auf einem langen Tisch im Galerieraum der Senatskulturverwaltung in der Brunnenstraße. Nur bei genauem Hinsehen erkennt man Stecker, Kabel, Tastaturen. Archäologische Reste einer Kultur, die man irgendwann aus ihren Bestandteilen nicht mehr verstehen wird.

Schrift, Sprache, Kommunikation und Technik sind Themen, die Katrin von Maltzahn seit jeher beschäftigen. Parallel zu den Computerskulpturen hat sie drei Monate lang Spams (Werbemails) ihres Computers gesammelt und in ein monumentales Wandbild verwandelt. Wie Farbstraßen fließt die Schrift die Wand hinunter, das Auge erkennt einzelne Worte, Zeichen und im großen Ganzen keinen Sinn. Die Kommunikationsmaschine E–Mail ist hier an ihre Grenzen gebracht.

Im Atelier am Käuzchensteig im Grunewald, in direkter Nachbarschaft zum Brücke- Museum, hängen noch die Vorzeichnungen an der Wand. Der NS-Bildhauer Arno Breker schuf hier, im inzwischen von der Senatskulturverwaltung genutzten Atelierbau, einst seine Großskulpturen. Für Katrin von Maltzahn ist das Thema Skulptur eher ungewohnt. Zeichnungen, Radierungen, Drucke sind ihr Medium: alles, wo Stift und Schrift eine Rolle spielen. Doch bei einem Stipendium in Finnland stand sie in einem Bildhaueratelier, vor sich tonnenweise Ton. Hier entstanden die ersten Tonskulpturen, die Buchstaben des Alphabets, später schön in Fotos archiviert. Archive, wohin man blickt: Derzeit arbeitet sie an einem Projekt für die Jubiläumsausstellung der Documenta in Kassel. Auch die Computerskulpturen sollen archiviert werden – mit Hilfe einer Archäologin.

Kunstbank, Galerieraum der Senatskulturverwaltung, Brunnenstr. 188-190, bis 29. April, Mo bis Fr 14 bis 18 Uhr

Christina Tilmann

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