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Kultur: Im Dunkeln

Toshimi Matsudas Fotografien bei Imago Fotokunst

Dunkel muss es werden, damit Toshimi Matsuda seine Kamera in Stellung bringt. Während das Gros der Fotografen Helligkeit herbeisehnt und sogar künstlich nachhilft, um Menschen und Dinge ins rechte Licht zu setzen, ist für den 1961 auf Hokkaido geborenen Japaner die Dämmerung die beste Voraussetzung. Dann wirken die Laternen auf dem Montmartre, am Ufer eines englischen Badeortes, in Manhattan und natürlich immer wieder in Tokio wie Signale des Lebens gegen die hereinbrechende Finsternis. Die graue Schattierung des Himmels, ein gerade noch erkennbarer Vordergrund mit verlassenen Bänken oder sanft mit Schnee bestäubten Autos, dazwischen die Silhouetten hoher Häuser, sind ein wiederkehrender Topos in den Arbeiten dieses Globetrotters in eigener Sache.

„Zwielicht ist der Raum für Fantasien, der alle fünf Sinne einbezieht“, erklärt Matsuda sein striktes Konzept. Man soll sich die Menschen vorstellen, die am Tag auf den Bänken saßen oder jetzt aus den noch erleuchteten Bürohäusern in ihre Wohnungen zurückkehren. Sehen kann man niemanden, nicht einmal ein Hund streift am Kai von Chicago entlang oder unter den Kränen des Hafens von Tokio. Man könnte meinen, nur die Laternen oder das Licht hinter den Fenstern seien von den Bewohnern geblieben, der Fischerkahn auf der Isle of Man würden nie mehr auslaufen und der Bolzplatz in einer New Yorker Wohngegend für immer im Schnee versinken.

Doch Weltuntergangsstimmungen scheinen Matsudas Sache nicht zu sein. Er will lediglich die äußere Wirklichkeit in einen sanften Traum verwandeln, der niemanden erschreckt, aber auch nicht fröhlich stimmen kann. Die stets genau kadrierten Fotografien sind Abbreviaturen einer Melancholie, die womöglich zutiefst japanische Akzente trägt. Ein Vergleich mit den Sinnbildern Hiroshi Sugimotos, die kürzlich in der Neuen Nationalgalerie zu sehen waren, drängt sich auf. Berlin fehlt übrigens in der knapp vierzig Arbeiten umfassenden, sehenswerten Ausstellung (700 Euro je Bild, Auflage: 15) doch vielleicht entdeckt Toshima Matsuda während seines Berlin-Aufenthaltes auch hier noch ein Flussufer, eine Skyline und einsame Laternen am Wegesrand. Hans-Jörg Rother

Galerie imago fotokunst, Auguststr. 29c, bis 22.11.; Dienstag bis Freitag 12-19 Uhr, Samstag 14-18 Uhr.

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