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Lukratives Geschäft. Hans (Christopher Walken) macht sich als Entführer von Haustieren selbstständig.

©  DCM

Im Kino: "7 Psychos": Beruf: Hundekidnapper

Drehbuchideen mit Echtblutfaktor: Martin McDonagh hetzt „7 Psychos“ lustig aufeinander los.

Wenn Drehbuchautoren Drehbücher über ihre Arbeit als Drehbuchautoren schreiben, wird es gern bizarr – und die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwimmen zwangsläufig. Man erinnere sich nur an das erzählerische Spiegelkabinett von Spike Jonzes „Adaptation“, in dem ein Scriptschreiber das eigene Leben zum Filmsujet machte und sich alsbald hoffnungslos im selbstreflexiven Plot verirrte.

Ganz so verwegen geht es der irische Regisseur Martin McDonagh („Brügge sehen … und sterben?“) in seinem ersten amerikanischen Film nicht an, aber auch hier rächt sich die Realität an der Fiktion mit schmerzhafter Konsequenz. Am Anfang steht, wie sich das gehört, eine anständige Schreibblockade. Denn abgesehen vom klangvollen Titel „7 Psychos“ hat der unterdurchschnittlich erfolgreiche Drehbuchautor Marty (Colin Farrell) noch nichts zu Papier gebracht. Der Schaffenskrise seines Freundes nimmt sich der arbeitslose Schauspieler Billy (Sam Rockwell) an; er schaltet ein Zeitungsinserat, mit dem waschechte Psychopathen als Inspirationsquelle angeworben werden sollen.

Auf die Anzeige meldet sich zwar nur ein einziger, ehemaliger Serienkiller mit einem weißen Kaninchen im Arm (Tom Waits), aber auch ohne Annonce geraten die beiden Freunde bald mit dem eindeutig durchgeknallten Gangsterboss Charlie (Woody Harrelson) in unmittelbaren Kontakt. Ausgerechnet dessen Schoßhund wurde von Billy entführt, der sich mit seinem alten Freund Hans (Christopher Walken) als Haustierkidnapper ein Zubrot verdient. Und wenn es um seinen Shi Tzu geht, wird der labile Mobster gefährlich sentimental.

Aber was, wenn Charlie nur einer von filmtitelgemäßen sieben in Aussicht gestellten Psychopathen ist, die nun in erzählten Geschichten sowie der Lebensrealität des kriselnden Drehbuchautors auftauchen? Auch in der filmischen Wirklichkeit lassen sich die beiden Ebenen nun immer weniger voneinander trennen. Das gilt besonders für das letzte Filmdrittel, in dem sich die Ereignisse heftig überschlagen und sich die Protagonisten – beim gemeinsamen Zelten in der Wüste – immer dringender Gedanken über ein Finale machen müssen.

So abgegriffen die Folie eines Serienkiller-Thrillers scheinen mag – McDonagh entwirft darauf einen schön verwinkelten Plot, der das Genre und dessen gewalttätige Fantasien lustvoll ad absurdum führt. Dabei punktet „7 Psychos“ nicht nur durch seine vielschichtige, sich selbst zudem immer wieder dekonstruierende Erzählweise. Wie schon in „Brügge sehen … und sterben?“ überzeugt McDonagh zudem durch brillante Dialoge, in denen banale Alltagssprache, Gangsterattitüde und lebensphilosophischen Exkurse kongenial verquirlt werden.

Zugleich wird die Skurrilität der Figuren nicht zum Selbstzweck. So karikaturesk sie gezeichnet sein mögen, sie haben Herz – und jede auch ihre tragische Liebesgeschichte. Sam Rockwell läuft zu Höchstform auf, und Christopher Walken, sonst oft bloß als exzentrisches Unikum besetzt, setzt sein großes Können frei und wirkungsvoll in Szene. McDonagh, ursprünglich ein Theatermann, weiß eben, wie man Schauspieler aus der Komfortzone herauslockt. Dem schrägen Ton der Erzählung kommt das entscheidend zugute.

In 15 Berliner Kinos; Originalversion im Cinestar SonyCenter, OmU im Central, International und Neuen Off.

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