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Show mit besonderer Note: TV-Moderator Lee Gates gibt Anlagetipps der etwas anderen Art.

© dpa

Im Kino: "Money Monster": Entertainment mit Sprengstoffweste

Wenn sich Kleinanleger mit dem großen TV-Moderator anlegen: George Clooney und Julia Roberts in Jodie Fosters "Money Monster".

Die Sprengstoffweste wird vielleicht einmal zu den Topoi des frühen 21. Jahrhunderts gezählt werden, und wenn der davon ausgehende Schrecken einem anderen gewichen ist, werden Modedesigner sie auf ähnliche Weise in Streetwear verwandeln, wie sie es bereits mit dem Parka, den Militärstiefeln, den Uniformen und jeder Art von militaristischen Accessoires taten. Im Moment gibt es kein Kleidungsstück, dessen Konnotationen eindeutiger sind: Krieg, Terror, Tod.
Jodie Fosters gerade in Cannes präsentierter Film „Money Monster“ nutzt das martialische Utensil als zentrales dramaturgisches Element. Man könnte MacGuffin dazu sagen, wenn das Wort nicht zu sehr nach guter alter Zeit klänge. Trotzdem: Der von George Clooney gespielte Moderator einer Geldanlage-Show steckt die meiste Zeit darin, während ein verzweifelter Kleininvestor den Auslöser dafür in der Hand hält.

George Clooney ist Lee Gates, ein mit allen Wassern gewaschener Fernsehveteran, der in seiner nach Las Vegas aussehenden Show Anlagetipps unters Volk bringt und so von den Finanzmärkten erzählt, dass es jeder und jede versteht. Das zumindest ist das Anliegen der Sendung, die von Patty Fenn souverän aus dem Studio-Hintergrund gesteuert wird. Julia Roberts spielt diese Redakteurin als ein wenig gelangweilte Zuarbeiterin, die auf dem Absprung ist oder zu sein glaubt, weil sie von Lee Gates und den anderen immer nur unterschätzt wird. Als der anscheinend zu allem entschlossene Kleinanleger mit Waffe und Sprengstoffweste ins Studio stürzt und – live auf Sendung – seine Forderungen vorbringt, ist es Patty, die die Nerven behält und den ruinierten Mann vorläufig daran hindert, den Auslöseknopf für die Weste zu drücken.

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„Money Monster“ ist ein Film der Hollywood-Generation, die in den Sechzigerjahren geboren wurde und in den Neunzigern reüssierte. George Clooney, Julia Roberts und Jodie Foster sind inzwischen Protagonisten des Mainstream-Kinos, das sie in Perfektion beherrschen. Alle drei bedienen präzise, sparsam und auf intelligente Weise die Hebel der gut geölten Unterhaltungsmaschine, die tut, was sie soll, ohne zu quietschen oder zu holpern: ihr Publikum zum Lachen und zum Weinen bringen, es die Zeit vergessen lassen, zudem auf relevante Themen anspielen und die Leute am Ende besser gelaunt aus dem Kino entlassen, als sie hineingingen. Dabei ist weder der Plot noch die Figurenkonstellation überraschend. Aber abgesehen von dem Vergnügen, Roberts und Clooney dabei zuzuschauen, wie sie das, was sie am besten können, immer wieder variieren, ist die fürs Kino produzierte klassische Hollywood-Spannungsdramaturgie inzwischen fast schon eine schützenswerte Kunstform geworden – gerade angesichts der vielen anderen Möglichkeiten, Filme zu sehen. Foster, Roberts und Clooney sind Repräsentanten der Generation 50 plus, die noch halbwegs mit dem Kino aufgewachsen ist und einen großen Anteil des aktuellen Publikums stellt. Längst werden Filme speziell für diese Generation produziert; Themen wie Liebe im fortgeschrittenen Alter oder Ärger mit den erwachsenen Kindern, Familienkonflikte im Allgemeinen, Reisen mit milden Abenteuern, schließlich Krankheit und Sterben sind populär.

George Clooney gibt wieder den Schnösel und bleibt trotzdem sympathisch

„Money Monster“ ist irgendwo zwischen Backstage-Drama und Action-Film angesiedelt, liegt aber mit seiner dezenten Kritik am Kapitalismus und den unkontrollierbaren Finanzmärkten samt seiner bösen Drahtzieher ganz im Repertoire der Generationsthemen. Man ist arriviert, hat vielleicht ein bisschen geerbt, überlegt sich, wie man das anlegt, hat keine Ahnung, lässt sich schlecht beraten, und schon sind ein paar Zehntausender weg. „Wie viel haben Sie denn verloren?“, fragt der Moderator in der Sprengstoffweste seinen Peiniger, und der antwortet lapidar: „60 000“. Lee Gates entgleisen kurz die Gesichtszüge.

Dressman. Clooney kann noch so unsympathische Schnösel spielen - wie Lee Gates in "Money Monster": Man mag ihn trotzdem.
Dressman. Clooney kann noch so unsympathische Schnösel spielen - wie Lee Gates in "Money Monster": Man mag ihn trotzdem.

© Sony Pictures

Es ist einer der großen Momente in „Money Monster“: Trotz seines Ausgeliefertseins empfindet Lee einen Moment lang Verachtung für die in seinen Augen winzige Summe, wegen der er zur Geisel wurde. Zumal Clooney wie kein anderer den widerlichen Schnösel geben und dabei immer noch sympathisch bleiben kann. Und Julia Roberts spielt ihre TV-Regisseurin mit einer fast herzlos wirkenden Coolness – aber natürlich ist alles ganz anders, und der Zuschauer weiß das auch schnell. Macht nichts: Clooney, Roberts und Foster sind hoffentlich noch lange da. Für uns.
In 31 Berliner Kinos. OV: Cinestar Sony-Center, Rollberg, OmU: Babylon Kreuzberg, Central Hackescher Markt, Eva-Lichtspiele, International, Odeon, Union Filmtheater

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