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Freunde fürs Leben. Fuchs und Häsin in "Zoomania".

© Disney

Im Kino: "Zoomania": Arche, boah!

Tierisch spektakulär: In Disneys Animationsabenteuer „Zoomania“ freunden sich eine Häsin und ein Fuchs an.

Von Jörg Wunder

Kein guter erster Arbeitstag für Officer Judy Hopps. Die ehrgeizige Junghäsin hat es gegen alle Widerstände in die Polizeiakademie geschafft und war Jahrgangsbeste. Doch ihr Stolz als erster langohriger Cop von Zootopia bekommt einen Dämpfer, als sie von ihrem bulligen Vorgesetzten zum Politessendienst abkommandiert wird. Judy nimmt’s sportlich und verteilt im Akkord Knöllchen. Auch noch einem der Dickhäuter-Eisdiele verwiesenen Fuchs samt niedlichem Sohnemann glaubt sie zur Gerechtigkeit verholfen zu haben – bis sie feststellt, dass sie Trickbetrügern auf den Leim gegangen ist. Der Versuch, den Übeltäter dingfest zu machen, endet mit in frischem Straßenbeton festgepappten Hasenpfoten. Und als Judy abends abgekämpft in ihre Bruchbude zurückkehrt, streiten sich die Nachbarn lautstark, während aus dem Radio deprimierende Schnulzen tönen – und obendrein das Smartphone mit dem Angebissene-Möhren-Logo klingelt, weil die Eltern skypen wollen.

Die Vermenschlichung des Tierreichs ist seit jeher eine Domäne des Animationsfilms. Doch noch nie wurde mit solch überbordendem Einfallsreichtum und einer derartigen Detailverliebtheit eine ausschließlich von anthropomorphen Tieren bewohnte Welt entworfen wie in Disneys „Zoomania“ (im Original: „Zootopia“). In einer menschenfreien Schöpfung haben sich die unterschiedlichsten Säugetierarten über ihre Natur erhoben und leben in der futuristischen Metropole Zootopia trotz divergierender Lebensbedürfnisse weitgehend friedlich miteinander. Von sehr großen bis zu sehr kleinen Tieren nehmen alle aufeinander Rücksicht, es gibt Stadtviertel für Polarbewohner unter künstlicher Eisglocke und solche mit Wüsten- oder Dschungelklima für wärmeliebende Viecher.

Das animalische Utopia bekommt jedoch Risse, als bei einigen Tieren die atavistischen Räuberinstinkte durchbrechen. Die pflanzenfressende Mehrheit empfindet dies als Bedrohung und reagiert mit der Diskriminierung der ohnehin beargwöhnten Carnivoren. Mittendrin steckt Judy Hopps, die eigentlich nur nach einem verschwundenen Otter fahndet, dabei die unfreiwillige Hilfe des smarten Fuchses in Anspruch nimmt und beinahe zu spät einer gewaltigen Verschwörung auf die Spur kommt.

Brillantes Drehbuch und visuelle Schönheit

Schon seine überwältigende visuelle Schönheit macht „Zoomania“ zu einem sehenswerten Animationsfilm. Darüber hinaus reißen einen die nie den Überblick verlierende Regie (Byron Howard, Rich Moore) und das brillante Drehbuch (Jared Bush, Phil Johnston) in einen dramaturgischen Sog, der 108 Minuten wie im Flug vergehen lässt. Die Story geht flott voran, die Dialoge sind scharfzüngig, die Actionszenen atemberaubend. Zudem besticht „Zoomania“ mit einem Humor, der für Kinder verständlich bleibt, darüber hinaus aber eine für Disney eher untypische, an die Disney-Tochter Pixar erinnernde Vielschichtigkeit enthält. Die Sequenz mit den Faultieren im Straßenverkehrsamt darf schon jetzt als Klassiker gelten, aber auch der Besuch in einem Nudistenclub für Tiere ist von subversiver Mehrdeutigkeit.

Anspielungen auf ikonische Szenen der Filmgeschichte sind im Animationsgenre nicht selten, oft werden sie jedoch als Sättigungsbeilage für erwachsene Begleiter eingebaut, die von kindgerechter Magerkost à la „Minions“ unterfordert bleiben. Bei „Zootopia“ sind Zitate aus „Nur 48 Stunden“, „Der Pate“ oder „Die Simpsons“ Bestandteil des Spannungsbogens – ohne jene Zuschauer auszusperren, die sie nicht zu deuten wissen.

Die sich aus Abneigung entwickelnde Freundschaft zwischen den natürlichen Feinden Hase und Fuchs, die sich auch in der Zootopia-Zivilisation mit grundsätzlichem Misstrauen begegnen, wirkt anrührend, ohne klebrig zu werden. Und die Botschaft dieses herausragenden Animationsfilms – ein Warnung vor Vorurteilen und Rassismus, ein Appell an Toleranz – mag zwar disneytypisch deutlich ausfallen. Ihre Richtigkeit allerdings mindert das keineswegs.

In 22 Berliner Kinos; OV im Alhambra, Cinestar SonyCenter und Colosseum

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