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Kultur: Im Netz des Satans

Der Mann hat Nerven! 19 Jahre hat George Lucas gebraucht, um der Welt heute feierlich den vierten „Indiana Jones“ zu servieren – und während im Wartezimmer Cannes noch aufgeregtes Gähnen herrscht, spricht der Produzent schon vollmundig vom fünften Teil seiner Peitschenschwingersaga.

Der Mann hat Nerven! 19 Jahre hat George Lucas gebraucht, um der Welt heute feierlich den vierten „Indiana Jones“ zu servieren – und während im Wartezimmer Cannes noch aufgeregtes Gähnen herrscht, spricht der Produzent schon vollmundig vom fünften Teil seiner Peitschenschwingersaga. Wenn es damit wieder 19 Jahre dauert, dürfen wir uns auf einen 84-jährigen Harrison Ford in der Titelrolle freuen. Macht nichts, findet Lucas: „Ford ist 65, aber er sieht besser aus als vor 20 Jahren!“

Gut, der Mann hat allen Grund, ein bisschen Spannung aufzubauen – denn obwohl die Filmkopien des vierten Teils so eifersüchtig gehütet wurden wie im Vorgängerfilm der heilige Gral, machten fiese Blogger im Netz schon vorab Stimmung gegen Lucas, der mit so viel Stolz vom computerabstinenten Alte-Schule- Handwerk seiner Spezialeffekte geschwärmt hatte. Der analoge Kulissendschungel sehe nach Plastik aus, ätzte prompt die Netzgemeinde – und auch dem greisen Ford hätte eine digitale Verjüngungskur gut getan.

Offen blieb, wie die Netzrezensenten den Film überhaupt vor der Premiere hatten sehen können – wie auch die Vorabbesprechung in der „Zeit“ offen ließ, ob sie auf dem Film basierte oder nur auf dem ihn umgebenden Hype. In Cannes jedenfalls wird erst heute „Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels“ uraufgeführt – während George Lucas sich längst im falschen Film wähnt: Indiana Jones und die gestohlene Premiere.

Auch der Tagesspiegel will bei dem ganzen Vorab-Rummel nicht zurückstehen – und kann an dieser Stelle mit einem besonderen Scoop aufwarten: Aus zuverlässiger Quelle wurde uns das Script der fünften Fortsetzung zugespielt! In „Indiana Jones und das Netz des Satans“ soll der Konflikt zwischen Tradition und Moderne zum handlungsspendenden Motiv werden. Ein rüstig verrenteter Indy wird in die Innereien eines weltumspannenden Computernetzwerks teleportiert, wo er dem virtuellen Bösen mit analogen Mitteln das Handwerk legt. Im Showdown schnalzt er dem Oberfiesling, einem technophilen Blogger, mit der Peitsche im letzten Moment den USB-Stick aus der Hand, auf dem der sechste Teil der Saga gespeichert ist. In einer versöhnlichen Schlussszene schwört der Blogger allem Virtuellen ab – und fristet den reuigen Rest seines Lebens als Filmvorführer hinter knatternden Analog-Projektoren.

Jens Mühling guckt „Indiana Jones, die gestohlene Premiere“

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