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Kultur: Im Ofen gebacken

Die großartige junge Künstlerin Anna K.E. plündert in der Galerie Barbara Thumm die Moderne.

Hier tanzt die Moderne – und die Künstlerin tanzt mit. Zwischen Fotos, zwei großen Plastiken und vielen kleinen Modellen in der Galerie Barbara Thumm zaubert eine Filmprojektion zwei Füße in halb zerbrochenen Ballettschuhen hervor. Anna Kapanadze Edzgveradze, kurz Anna K.E., tastet sich auf Spitzen durch ihr Atelier, erst zögerlich, dann nervös, schließlich so hektisch und ziellos, dass das Heil von Füßen und Beinen in Gefahr scheint. Bis die letzte Szene dann plötzlich Erleichterung bringt.

Bei der Pointe, die hier nicht verraten sei, handelt es sich um einen Akt der Emanzipation: zum einen von Tabus für Frauen, aber vor allem von der Kunstgeschichte. Anna K.E., 1986 in Tbilisi geboren, erst vor drei Jahren in Düsseldorf mit dem Studium fertig geworden, doch bereits mit Einzelausstellungen in Kunstvereinen und Galerien und einem Atelier in New York vertreten, gehört zu jenen jungen Künstlern, für die moderne Stile und Schulen nicht nur ein Zitatenschatz sind, sondern auch eine Last. Virtuos baut Anna K.E. in ihren Plastiken Jugendstil, De Stijl und Minimalismus zusammen, mit spielerischer Leichtigkeit verwandelt sie Holzlatten, Kacheln und Glas in elegante Bühnen und Paravents. Das allein stellt sie jedoch nicht zufrieden. Zu glatt, zu schön, findet sie, zu viel Kontrolle, zu wenig Intuition – aber zu welchen großen Handgriffen sollen die Jungen ausholen, wenn die Generationen vor ihnen bereits alle revolutionären Gesten durchprobiert zu haben scheinen? Immerhin: Anna K.E. erlaubt sich zumindest eine unkonventionelle kleine Geste: Im Ausstellungsraum sind die Krümel der Brote liegen geblieben, die eine ältere georgische Dame für die Gäste der Eröffnung am Gallery Weekend direkt vor Ort in einem Ofen gebacken hat.

Mit ihrem Unbehagen ist Anna K.E. nicht allein. Die Künstlerin, die über sich sagt, sie mixe Kunst wie ein DJ Musik, ergeht es ähnlich wie beispielsweise den Machern des „Club Transmediale“. Das Berliner Musikfestival thematisierte Anfang 2013 unser „Goldenes Zeitalter“, in dem der digitale Datentransfer jederzeit und allerorten Zugang zu Kulturgütern erlaubt und gerade darum jede radikale Erneuerung unmöglich zu machen scheint. Das Video, das Anna K.E. bei Thumm präsentiert, führt noch nicht aus der rasend rotierenden Endlosschleife der Zitate. Aber einen Haltepunkt bietet seine drastische Pointe allemal. Claudia Wahjudi

Galerie Barbara Thumm, Markgrafenstr. 68; bis 25.5., Di–Sa 11–18 Uhr

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