zum Hauptinhalt

Kultur: Immer wieder sonntags

Während all die glücklichen Menschen, die zwei Wochen lang verreist waren, im Feiertage-zu-Ende-Stau ächzen, flieht die Magie der vergangenen Tage, die alle ein bisschen wie Sonntage waren. Sogar die wenigen zwischengeschalteten Alltage wirkten friedlich und ruhig, selbst im vor- oder nachfestlichen Einkaufswahn oder in den Euroschlangen, die diesen Jahreswechel zu was ganz Besonderem machten.

Während all die glücklichen Menschen, die zwei Wochen lang verreist waren, im Feiertage-zu-Ende-Stau ächzen, flieht die Magie der vergangenen Tage, die alle ein bisschen wie Sonntage waren. Sogar die wenigen zwischengeschalteten Alltage wirkten friedlich und ruhig, selbst im vor- oder nachfestlichen Einkaufswahn oder in den Euroschlangen, die diesen Jahreswechel zu was ganz Besonderem machten. Das Angenehme an der dunkelsten Saison des Jahres ist ja die Sanftmut, die sie in den Menschen hervorkitzelt. Als lege sich die übliche Lust am Hauen und Stechen vorübergehend schlafen und räkele sich langsam in den Januar hinein, um erst dann (wenn die Sitzungswochen wieder begonnen haben, wenn es wieder Hoffnung gibt, mal einen Handwerker ans Telefon zu bekommen, oder gar eine Behörde), also gewissermaßen vor versammelter Mannschaft, die Krallen erneut auszufahren.

Die Schonzeit ist wahrscheinlich heute zu Ende, und man muss sie noch einmal richtig genießen. Diesmal übrigens auch, was die Geldumstellung betrifft. Dass bei den großen Abläufen alles glatt gehen würde, durfte man nach dreijähriger Einstimmung fast erwarten. Wo es um den Anschein geht, dass alles plötzlich nur noch die Hälfte kostet, ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Das ist die Art von Problem, mit dem Pfennigfuchser vorbildlich umgehen mögen; ganz normale Großstadtverschwender hingegen können jeden ruhigen Moment gebrauchen, um das Chipgewissen ihrer Bankkarten zu erforschen: Manches, was in der ersten Umstellungseuphorie wie ein Schnäppchen wirkte, war vielleicht gar keines, und noch bevor der Monat zu Ende geht, wird das Konto errötend aufjaulen und darauf hinweisen, dass es schließlich auch nur Euros hat.

Das ist glücklicherweise noch ein Weilchen hin. Akut bleibt die Frage, die man sich nach allen Jahreswechseln stellt: Wie lange sollte man seinen lieben Mitmenschen ein gutes neues Jahr wünschen, ohne peinlich oder (wenn man zu früh damit aufhört) unfreundlich zu wirken? Bis zum 6. Januar geht sowieso immer, aber den haben wir ja heute. Morgen ist Montag, da werden sich all die ski- und kanarenbraunen Urlaubsrückkehrer natürlich auch noch besten Gewissens und strahlender Laune gegenseitig mit guten Wünschen eindecken. Wo für den Normalgrüßer die Saison langsam ausläuft, geht es für die Profis erst richtig los. Eine ganze Serie von Neujahrsempfängen bringt den gesellschaftlichen Adrenalinspiegel nach dem großen Faulenzen wieder auf das metropolitane Mindestlevel, und dort hagelt es in der Regel Neujahrswünsche, die wie ein vielfaches Echo durch die Stadt wandern.

Vor diesem Hintergrund sind Jahresanfangswünsche bis weit in die dritte Januarwoche hinein völlig okay, wobei man sagen muss, dass sie abseits der Empfänge nach dem Dreikönigstag auch kein Muss mehr sind. Es gibt da, wie zum Beipiel auch beim Thema "Geburtstagsgratulation", zwei Schulen. Die einen genießen, was die anderen blöde und überflüssig finden. Eins steht immerhin fest: Die gute Neujahrswunschzeit hat ein längeres Haltbarkeitsdatum als die meisten guten Vorsätze. Schade um die Sanftmut.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false