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Kultur: Impossible

Tom Cruise als deutscher Freiheitsheld

Über allen Gipfeln ist Ruh. Am Ende wird dem tapferen Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg ein Requiem nach Goethe gesungen – Totenmesse auf einen deutschen Helden . Bis dahin würdigt der Film aber weniger den Mann als die Tat.

„Operation Walküre“ beginnt als Ac tion -Krimi: Historie mit hohem Suspense Faktor bietet der Stoff allemal. Schade nur, dass all den akribischen Staats streich Dokufictions – wie Jo Baiers TV -„Stauffenberg“ mit Sebastian Koch von 2004 – wieder keine Psychostudie jenes adeligen Militärs hinzugefügt wur de, der den schier unglaublichen Gesinnungswandel vom Hitler-Anhänger zum Hitler-Attentäter vollzog und sowohl Kopf der Verschwörung war, als auch deren ausführendes Organ. Bei Tom Cruise ist Stauffenberg ein Mann fast ohne Eigenschaften, mit minimalster Gestik und Mimik, ein steifer Uniform- und Ideenträger, eine Leerstelle im Zentrum des Films.

Eine absichtliche Aussparung? Stauffenberg als Projektionsfigur für die Sehnsucht nach dem „guten Deutschen“? So raffiniert legen Bryan Singer („X-Men“, „Superman“) und Drehbuchautor Christopher McQuarrie den Film nicht an, wenn sie die Spannung mit biederer Ausstaffierung in strengem Blaugrau abpolstern und dem bekannten Ausgang der Historie allenfalls mit einer Parallelmontage entgegensteuern. Stauffenbergs Stunden um Stunden währender Autosuggestion, Hitler sei infolge des Anschlags in der Wolfsschanze tatsächlich tot, gibt der an Originalschauplätzen (Bendlerblock, Flughafen Tempelhof, Bundesfinanzministerium) gedrehte Film reichlich Raum. Kino als Wunschmaschine: Was, wenn der Putsch mittels bloßer Beschwörung der Realität doch noch gelungen wäre?

Immer wieder in diesem Ensemble - Film mit Kenneth Branagh, Terence Stamp, Bill Nighy, Thomas Kretschmann und Christian Berkel: der Krieg der Worte. Stauffenberg will überreden, überzeugen. Seit Redfords „Lions for Lambs“ scheint die Redeschlacht eine Spezialität der Cruise-Firma „United Artists“ zu sein – allerdings wird diesmal statt eines virtuosen Gefechts der Argumente bloß ein braves Match in politischer Moral ausgetragen. Dass der Film zunehmend in Konferenzräumen, Telegrafenamtsstuben und Hinterzimmern spielt, verdeutlicht immerhin die Mechanik und bürokratische Logistik eines Staatsstreichs. Bloß Menschen tauchen vor dieser Geschichtskulisse recht eigentlich nicht auf, auch wenn Stauffenberg seine Frau küssen und sein engelsblondes Töchterlein herzen darf.

Als er zum Hitlergruß genötigt wird und trotzig den Armstumpf reckt, ist Tom Cruise nur von hinten zu sehen. Weil ein „Heil Hitler!“ rufender Hollywood-Star einfach nicht denkbar ist? Wohl eher, weil die Szene einen Charakterdarsteller erforderte. Das Talent von Tom Cruise reicht dafür nicht aus. Christiane Peitz

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