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Kultur: In die Konditorei

Altstar (II): Massimo Girotti im „Fenster gegenüber“

Enge Altstadtgassen in Rom. Eine Hauswand. Eine Tür. Schon bleichen die Farben aus – Sprung aus der Gegenwart in den Oktober 1943. Hinter der Tür liegt eine Bäckerei, in der ein Mann nach wortlosem Kampf erstochen liegen bleibt. Regisseur Ferzan Özpetek flicht in „Das Fenster gegenüber“ zwei Geschichten kunstvoll ineinander. 1943 beginnt die Deportation der römischen Juden nach Auschwitz. Sechzig Jahre später nimmt ein junges Ehepaar einen verwirrten Alten auf.

Der Alte, er heißt Davide, hat einst einen Mann namens Simone geliebt. Davide wird – erste Attraktion des Films – von Massimo Girotti gespielt: Den ersten seiner 120 Filme drehte der Visconti- und Rossellini-Star 1941, „Das Fenster gegenüber“ wurde vor seinem Tod Ende 2003 sein letzter. Der Film folgt mit seinen Zeitsprüngen der Wahrnehmung des Demenzkranken. Beim Anblick eines Polizeiwagens gerät er in Panik, nachts hört er die Schreie eines jüdischen Mädchens auf der Flucht vor der SS.

Die zweite Attraktion ist Giovanna Mezzogiorno. Hier spielt die Nachwuchsschauspielerin, in Italien längst ein Star, eine vom Alltag zermürbte Ehefrau. Sie arbeitet in einer Hähnchen-Schlachtfabrik und träumt sich nach Feierabend in eine Affäre mit dem attraktiven Mann, den sie seit Monaten im Fenster gegenüber beobachtet: eine Figur wie vom frühen Fassbinder. Der vierte Spielfilm des Italo-Türken Özpetek – „Hamam“ war 1997 ein Überraschungserfolg –ist dort am besten, wo sich seine beiden Geschichten ineinander spiegeln.

Leider ist das Melodram so mit Problemen überfrachtet, dass sein Waschküchenrealismus in der Soap Opera baden geht. Giovanna, für die das Leben bislang alles andere als süß war, entdeckt schließlich ihre Liebe zur Konditorkunst. „Das Fenster gegenüber“: eine vielschichtige Torte. Der Nachgeschmack ist etwas klebrig.

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