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Kultur: In einen Topf

Gedenkstätten: Anhörung im Bundestag

Fünf Jahre ist das Gedenkstättenkonzept der Bundesregierung in Kraft. Einiges hat sich zuletzt bewegt: Vor zwei Wochen hat Kulturstaatsministerin Christina Weiss eine Stiftung angekündigt, die die Berliner NS-Gedenkstätten Topographie des Terrors, Haus der Wannsee-Konferenz, Gedenkstätte Deutscher Widerstand und das Holocaust-Mahnmal zusammenfassen soll. Auch die Verlagerung der mit den Stasi-Unterlagen befassten Birthler-Behörde und der Stiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur in die Zuständigkeit von Christina Weiss wird inhaltliche Folgen haben. Und 2004 hatte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Diskussionen gesorgt, als sie ein Gesamtkonzept für das Gedenken an die Opfer von NS- und SED-Diktatur forderte.

Am Mittwochabend stellten sich fünf Experten in Berlin den Fragen des Bundestags-Kulturausschusses. Seit der Bund eine 50-prozentige Beteiligung an der Gedenkstättenförderung aufgenommen hat – so das einhellige Urteil –, hat sich viel verbessert. Ausstellungen in den KZ–Gedenkstätten Sachsenhausen, Buchenwald und Ravensbrück wurden überarbeitet, die Gedenkstätten Neuengamme und Flossenbürg sind noch in Arbeit. Und auch bei den Gedenkstätten zur DDR-Diktatur wurden erste Sicherungsmaßnahmen getroffen, so in Hohenschönhausen oder Marienborn.

Gerade bei den DDR-Gedenkstätten besteht jedoch erheblicher Nachholbedarf. Kontrovers diskutiert wurde am Mittwoch, ob die dortige Arbeit den Kriterien für die Gedenkstättenförderung entspräche, ob die ostdeutschen Bundesländer mit der Förderung der Gedenkstätten nicht finanziell überfordert seien und welche Gedenkstätten „nationales Interesse“ beanspruchen dürften. Dringenden Handlungsbedarf sieht etwa Hubertus Knabe, Leiter der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, beim ehemaligen KGB-Gefängnis in Potsdam, das wegen Baufälligkeit teilgesperrt ist. Andererseits stellte Rainer Eckert vom Zeitgenössischen Forum in Leipzig in Frage, ob es wirklich 40 Museen an der ehemals deutsch- deutschen Grenze geben müsse. Eine zentrale Gedenkstätte an den Widerstand gegen die SED-Diktatur hielten alle Beteiligten für wünschenswert, sei es in Berlin oder in Leipzig.

Die politisch brisante Frage der Zusammenfassung der Gedenkstätten beider deutscher Diktaturen unter ein Konzept – wie von der CDU/CSU gefordert – wurde erfreulich pragmatisch beantwortet: Gleiche Kriterien für alle und ein Bekenntnis zum „antitotalitären Konsens“ seien unstrittig, in der Praxis könne man die Gedenkstätten auch getrennt verwalten. Entscheidend, so Bernd Faulenbach von der Ruhr-Uni Bochum, sei ein stärker europäisch ausgerichtetes Gedenkkonzept und schnelles Handeln, etwa bei einer „Topographie der SED-Gedenkstätten in Berlin“. Und noch eins ist unstrittig, so Ex-Stasi-Beauftragter Joachim Gauck: „Frau Weiss braucht mehr Geld.“

Christina Tilmann

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