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In KÜRZE: In KÜRZE

FORUM Paare im Aquarium: „What is Love“ von Ruth Mader Letzte Woche hat Kollege Martenstein in seiner Kolumne beklagt, dass es in den Berlinale-Filmen nicht so beschaulich zugehe wie im echten Leben. Ich würde ihn gerne ins Forum schicken, da gibt es „What is Love“ von Ruth Mader, der in fünf bedächtigen Episoden vom Leben in der mittelständischen Kleinfamilie erzählt.

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Paare im Aquarium:

„What is Love“ von Ruth Mader

Letzte Woche hat Kollege Martenstein in seiner Kolumne beklagt, dass es in den Berlinale-Filmen nicht so beschaulich zugehe wie im echten Leben. Ich würde ihn gerne ins Forum schicken, da gibt es „What is Love“ von Ruth Mader, der in fünf bedächtigen Episoden vom Leben in der mittelständischen Kleinfamilie erzählt. Auch ein Pfarrer und Autos kommen vor. Gut, wir sind nicht in Berlin, sondern der österreichischen Provinz. Die dramatischste Situation ist ein mehrminütiges Streitgespräch zwischen Ehegatten, bei dem sie ihm vorwirft, zu oft im Büro und zu selten zu Hause zu sein. Komisch ein anderes vermutlich post- adeliges Ehepaar, das die Konfliktbewältigung perfekt ritualisiert hat. Dabei sitzen die Partner frontal vor der Kamera, agieren offensichtlich nach Script, so rund läuft die eheliche Standardsituation bis zum Ende durch. Das könnte interessant sein, angesichts des Titels lässt sich auch ahnen, was Intention der Filmemacherin war. Doch was wirklich auf der Leinwand zu sehen ist, wirkt oberflächlich und beliebig. Das erklärt sich, wenn man liest, dass für jede Konstellation gerade mal zwei Tage recherchiert wurde. Im Ergebnis können wir zwar ganz entspannt zuschauen, sehen aber wie im Aquarium nur eine fremde, etwas bizarre Welt. Silvia Hallensleben

18.2., 15 Uhr (Cubix 7)

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Aktivisten im Rederausch:

„Zavtra“ von Andrey Gryazev

Am Ende liegt das Polizeiauto auf dem Dach, die Alarmanlage piept, die Täter flüchten. Das Symbol ist klar: Das System soll auf den Kopf gestellt werden. Bis es soweit ist, mutet Regisseur Andrey Gryazev den Zuschauern in seiner Dokumentation „Zavtra“ (Morgen) schier endlose Diskussionen über die Strategie für diesen politisch motivierten Vandalismus zu. Das russische Künstlerkollektiv Voina (Krieg) kann sich lange nicht entscheiden, ob das Polizeiauto durch Wippen umgedreht werden kann oder durch Anheben und Umschmeißen. Auch die Anzahl der dafür benötigten Aktivisten ist strittig.

Stets bewegen sich die Aktionen der Gruppe, die Geld ablehnt und ihr Essen in Supermärkten klaut, an der Grenze zwischen scheinbar sinnloser Zerstörung und Happening. Das Youtube-Video mit dem Polizeiauto machte sie in Russland berühmt. Zur Legendenbildung taugt Gryatzevs Film jedoch nicht, zu schonungslos dekonstruiert er Voina, diesen losen Zusammenschluss Andersdenkender. Minutenlang zeigt er, wie sie sich als „Vor“ (Dieb) und „Koza“ (Ziege) beleidigen, dazu kommen abstruse Unterstellungen und Verzweiflung ob der unzureichenden Organisation. Als „Vor“, der Anführer der Gruppe, verhaftet wird, gibt es spontane Solidaritätsbekundungen. Vor allem die mit Putin unzufriedene „Intelligenzija“ unterstützt Voina, obwohl die sich nicht intellektuell, sondern selbstreferenziell geben. „Kunst ist nur für die Künstler da“, sagen die Aktivisten, ihre Unterstützer rufen Polizisten zu: „Ich habt der Freiheit den Krieg erklärt, wir erklären: Freiheit für Voina!“ Nik Afanasjew

18.2., 19 Uhr (Delphi), 19.2., 20 Uhr (Colosseum 1)

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Kardinäle vorm Dixi-Klo:

„Die Lage“ von Thomas Heise

Bei Filmemachern ist Kirche derzeit wieder Thema. Nach Jörg Adolph, Nanni Moretti und Romuald Karmakar hat jetzt auch Thomas Heise einen Papstfilm gedreht und war als Beobachter bei dessen Deutschlandtour im letzten Herbst dabei. Besser gesagt: Als Benedikt XVI. am 23. September mit seinem Gefolge in Erfurt seinen groß angekündigten Auftritt machte, reiste auch Heise mit drei Kameramännern an. Nicht im offiziellen Pressepool selbstverständlich. Heise machte sich lieber am Rand des Geschehens zu schaffen, um nicht Teil des Betriebes sondern aufmerksamer Beobachter zu sein. Auf dem Rollfeld des Flugplatzes, wo Polizeieinheiten, Würdenträger und Blumenkinder den Ablauf von Ehrenspalier und Grüßritual nach Drehbuch proben. Bei den Dixi-Klo-Kolonien, vor denen sich die im päpstlichen Begleittross zu Dutzenden angereisten Kardinäle die Beine vertreten. Und bei den Scharfschützen, die das Kirchenoberhaupt und die massenhaft angekarrten Pilger auf dem Domplatz bewachen. Irgendwann tauchen Papamobil und Pontifex selbst im Bild auf, ein greiser Grußonkel umringt von grimmig schauenden Recken. „Die Lage“ zeigt die Rückseite der im Fernsehen gezeigten Bilder und stellt so die Öffentlichkeit wieder her, die die kirchlich kontrollierte Propaganda der üblichen Berichterstattung zerstört. Die im vielschichtigen Stimmenmix immer wieder auftönende Rede von Innigkeit des Glaubens und stiller Einkehr wird dabei gründlich konterkariert. Das Breitwand-Schwarz-Weiß-Format gibt den gezeigten Aktualitäten zeitlose Eleganz und Gültigkeit und macht Heises nüchtern inszenierten Seitenblick auf einen Staatsbesuch zur Allegorie auf Formen staatlicher Inszenierung generell. Silvia Hallensleben

17.2., 22 Uhr (Cinemaxx 4), 18.2., 18 Uhr (Arsenal 1)

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