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Kultur: In reicher Stille

Scott Edward Godin war ein 23jähriger Junge vom Land, als er 1993 als Stipendiat seine kanadische Heimat verließ, um in Wien bei Paul Badura-Skoda Komposition zu studieren.Inzwischen hat er mehrere Preise gewonnen, wird vor allem in Nordamerika regelmäßig aufgeführt, und wer sein neues Werk "Sweat" für Violine und Cello gehört hat, ahnt, warum.

Scott Edward Godin war ein 23jähriger Junge vom Land, als er 1993 als Stipendiat seine kanadische Heimat verließ, um in Wien bei Paul Badura-Skoda Komposition zu studieren.Inzwischen hat er mehrere Preise gewonnen, wird vor allem in Nordamerika regelmäßig aufgeführt, und wer sein neues Werk "Sweat" für Violine und Cello gehört hat, ahnt, warum.Clemens Merkel und Isabelle Bozzini nahmen sich im BKA der einsätzigen, rund fünfundzwanzigminütigen Partitur an, deren fünf divergierende Teile sich organisch auseinander entwickeln.Zusammenhalt stiftet die energetische Spannung zwischen rasch perlender Bewegung und spannungsvoll crescendierenden Haltetönen.Im vertrauten und dynamisch wie klanglich hervorragend balancierten Zusammenspiel der Streicher etablierten sich zwei einander ergänzende oder homophon verlaufende energische, mitunter geräuschhafte Linien, die bald in stotternde Repetitionen, bald in weite Liegetöne oder äußerst zartes Flautandospiel übergehen.Glücklich der Komponist, der seine Uraufführung in solch sicheren Händen weiß, unter denen sogar manche dramaturgische Länge zu verschwinden scheint.

Alfred Schnittkes "Stille Musik" (1987) mag mit ihren vertrackten Flageoletts nicht unbedingt als Eröffnungsstück eines Abends geeignet sein, wiewohl Merkel und Bozzini ihr dank wohltuend sparsamen Vibratos bohrende Eindringlichkeit zu verleihen wußten.In unspektakulärer Perfektion gelang ihnen hingegen Michael Oesterles "...wenn in reicher Stille ..." (1994), das sie nach delikaten Violin-Einwürfen über dunkel trillerndem Cello-Grund in ein großartiges morendo (ersterbend) überführten.Das ruhige, klanglich ausdifferenzierte und formal überzeugende Kammerwerk des als Jugendlicher von Ulm nach Kanada Ausgewanderten macht neugierig auf seine Orchesteruraufführung bei der Musik-Biennale im März.Daß, sowenig es atonale Musik gibt, ein "absolut arrhythmisch" (1997) angelegtes Werk eigentlich unmöglich ist, bewies endlich Thomas Stiegler.Mit avancierten Spieltechniken brachten Merkel und Bozzini eine Vielzahl archaischer Geräusche hervor, die sich schließlich doch zu wechselnden Rhythmen fügten.Die Herzkrankheiten, auf die der als Arzt praktizierende Komponist hier anspielt, bleiben der Musik Gott sei Dank erspart.

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