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Kultur: In Sachen Walser

In der gestrigen Ausgabe der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" hat Martin Walser in scharfer Form einen Bericht des Tagesspiegels über seinen Auftritt im Rathaus von Berlin-Treptow als "Gerücht" zurückgewiesen: "An dieser Nachricht ist nichts Wahres". Im Tagesspiegel hatte Harald Martenstein, der die Veranstaltung beobachtet und festgehalten hatte, beschrieben, mit welch vehementen Worten Walser sich gegen das geplante Berliner Mahnmal für die ermordeten Juden ausgesprochen hatte.

In der gestrigen Ausgabe der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" hat Martin Walser in scharfer Form einen Bericht des Tagesspiegels über seinen Auftritt im Rathaus von Berlin-Treptow als "Gerücht" zurückgewiesen: "An dieser Nachricht ist nichts Wahres". Im Tagesspiegel hatte Harald Martenstein, der die Veranstaltung beobachtet und festgehalten hatte, beschrieben, mit welch vehementen Worten Walser sich gegen das geplante Berliner Mahnmal für die ermordeten Juden ausgesprochen hatte.

Auf die Größe des Mahnmals angesprochen, antwortete Walser, er halte diesen Plan für einen "fußballfeldgroßen Albtraum". Walser sagte, das Projekt laufe auf eine "Kranzabwurfstelle" hinaus, wobei er die amerikanische Journalistin Jane Kramer zitierte. Schließlich sprach er sich dafür aus, daß nicht der Bundestag über das Mahnmal entscheiden solle, sondern die Berliner Bevölkerung. Auch dies bestreitet Walser in seiner polemischen Erwiderung keineswegs: "Und dann habe ich hinzugefügt, jetzt sei doch eine Wahl. Man solle sich doch überlegen, ob man diese Frage nicht durch die Berliner entscheiden lassen könne. Denn die Berliner müssen ja mit dem Mahnmal leben."

Wie andere Zuhörer der lebhaften Diskussion verstand unser Berichterstatter diese und andere Ausführungen Walsers als Aufforderung an die Berliner, gegen das Mahnmal zu protestieren - wie anders sollte das Thema plebiszitär in einen Wahlkampf einbezogen werden? Der Bericht des Tagesspiegels hat nun seinerseits zu erneuten Anfeindungen gegen Walser geführt, der durch seine Friedenspreis-Rede zur Vergangenheit der Deutschen für wochenlange Kontroversen Anlaß gegeben hatte. Auch damals hatte sich Walser mißverstanden gefühlt.

Wenn Walser jetzt in der FAZ klarstellt, daß er keineswegs zum Protest aufrufen wollte, so wollen wir ihm glauben. Eine zugespitzte Formulierung Martensteins, der Walser in Treptow so verstanden hatte, daß der Schriftsteller die Berliner de facto zum Protest gegen das Mahnmal aufgefordert habe, halten wir nicht aufrecht.

Seinen Vergleich des Tagesspiegels mit dem Nazi-Hetzblatt "Stürmer" - Walser zitiert hierbei einen Teilnehmer des Podiums - halten wir jedoch für mindestens so überzogen wie unsere Folgerung, daß Walser zum Protest aufgerufen habe. Aber vielleicht haben wir diesen Satz auch nur mißverstanden. Tsp

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