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Kultur: In Unna und um Unna herum

Peter Thorwarth witzelt über den westfälischen Mittelstand: „Goldene Zeiten“

Nach seiner Ruhrpott-Gaunerkomödie „Bang Boom Bang“ wurde Peter Thorwarth etwas voreilig als Kultregisseur gehandelt. Manche sprachen sogar vom deutschen Tarantino. Immerhin, Thorwarth hat etwas, was nur noch wenige deutsche Filmemacher auszeichnet: Klassenbewusstsein. Seine Komödien interessieren sich nicht für die Beziehungsprobleme von Berliner Webdesignern, sondern stellen sich stolz an die Seite des Proletariats (oder was davon im Ruhrgebiet noch übrig ist).

In „Goldene Zeiten“ besichtigt Thorwarth nicht die übliche Mischung aus Bauarbeitern, Kiffern und Knackis, sondern den westfälischen Mittelstand bei seinen vergeblichen Aufstiegsversuchen. Ingo ist am Neuen Markt ausgerutscht und wohnt wieder bei den Eltern. Seine neue Berufsbezeichnung lautet „Eventmanager-Assistent“, womit man allerdings in einer Stadt wie Unna nicht das große Geld machen kann. Für eine Benefiz-Gala des schmierigen Golfclub-Präsidenten Mathies (Wolf Roth) verspricht er einen Hollywood-Star: den abgetakelten TV-Schauspieler Douglas Burnett (Dirk Benedict). Doch statt des echten Amis wird ein preisgünstiger deutscher Doppelgänger eingeflogen. Wer zieht nun wen über den Tisch und steckt das Geld für die rumänischen Waisenkinder in die eigene Tasche?

Das Arsenal der Knallchargen umfasst unter anderen eine Präsidenten-Gattin mit Silikon-Lippen (Birgit Stein), einen Luden mit Kotelettenbart (Rolf Richter) sowie drei unvermeidliche Mafiarussen mit Tschetschenienkriegs-Erfahrung. So zappt Thorwarth von einer Witzfigur zur nächsten und zerdehnt das, was man großzügig als Filmhandlung bezeichnen könnte, auf 135 Kinominuten. Die Sympathie, mit der Thorwarth bisher seine proletarischen Antihelden ausstattete, weicht hier einem Billigzynismus. Als halbstündige Vorabend-Sitcom zwischen zwei Werbeblöcken ginge „Goldene Zeiten“ noch eben durch. Aber als Kinofilm? Klarer Fall von Zelluloidverschwendung.

In sechs Berliner Kinozentren

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