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Kultur: Ins Gedächtnis eingeschrieben

Plakate, zumal die historischen, sind längst von der Wissenschaft entdeckt.Sie werden erforscht, interpretiert, in Museen gesammelt.

Plakate, zumal die historischen, sind längst von der Wissenschaft entdeckt.Sie werden erforscht, interpretiert, in Museen gesammelt.In Zusammenarbeit mit der Österreichischen Nationalbibliothek Wien sowie dem Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe zeigt nun die Berliner Kunstbibliothek unter dem Titel "Verführungen" Plakate aus Österreich und Deutschland aus den Jahren 1914 bis 1945.Insgesamt 260 Originale hängen dicht an dicht im oberen Sonderausstellungsraum der Staatlichen Museen am Kulturforum, unterteilt in acht thematisch gegliederte Kapitel.

Es ist ein zeitgeschichtliches Panorama von verwirrender Vielfalt, das Polit-Propaganda, Produktwerbung und kulturelle Ereignisse und Entwicklungen gleichermaßen widerspiegelt.Die meisten Plakatgestalter von damals sind mehr oder weniger in Vergessenheit geraten, doch stößt man auch auf eine Reihe großer Namen: Maler wie George Grosz und Max Pechstein engagierten sich für die kommunistische Bewegung, die Grafikerin und Bildhauerin Käthe Kollwitz prägte anläßlich des Deutschen Jugendtages 1924 in Leipzig ebenso emphatisch wie wirkungslos die Parole "Nie wieder Krieg".In diesem Kreis darf auch John Heartfield nicht fehlen, der Erfinder der Fotomontage, der es wie kein zweiter verstand, seine Botschaften auf den Punkt zu bringen.

Manche Künstler wurden in eigener Sache tätig: Als die Wiener Secession 1918 ihre "49.Ausstellung" annoncierte, konnte sie Egon Schiele für die Gestaltung gewinnen.Der blieb sich treu, zeichnete ein rätselhaftes Bild, das eine vom schwarzen Hintergrund ganz eingehüllte Gruppe Lesender an einem Tisch zeigt.Oder Hans Poelzig: Der Architekt des Expressionismus baute nicht nur die Kulissen für Paul Wegeners Film "Der Golem, wie er in die Welt kam", sondern schuf auch gleich noch das dazugehörige Plakat.

Vom überwiegenden Teil der Graphiker kennt man heute dagegen kaum mehr als ihr Kürzel.Der Name Heinz Schulz-Neudamm dürfte nur Spezialisten ein Begriff sein, das Plakat jedoch, das er für Fritz Langs "Metropolis" schuf, ist fest in unserem visuellen Gedächtnis eingeschrieben.

Überhaupt erstaunt, wie viele dieser Werke immer noch modern erscheinen.Bei anderen, besonders wenn sie gesellschaftliche Inhalte haben, erschreckt der schlimme Ton.Aufrufe zu Mord und Totschlag am politischen Gegner, egal aus welchem Lager, waren seinerzeit gang und gäbe.Und auch was das Medium selbst betrifft, sind in dieser sehenswerten Schau einige interessante Details zu entdecken.So entwarf der Münchner Hermann Keimel ein Plakat, das auf eine ganz besondere Veranstaltung aufmerksam machen sollte: eine Ausstellung mit "Plakat-Kunst".Die großformatige Lithographie stammt aus dem Jahr 1931.

Kulturforum, Raum für Sonderausstellungen, bis 2.Mai., Dienstag bis Freitag 10-18 Uhr, Sonnabend/Sonntag 11-18 Uhr.

Katalog (Verlag Umschau Brus) 49 Mark.

ULRICH CLEWING

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