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Kultur: „Inspektoren ja, Krieg nein“

Der Philosoph Michael Walzer wendet sich gegen Bushs Irak-Politik

Vor einem Jahr war er noch auf der Seite der US-Regierung. Michael Walzer, Professor für Sozialphilosophie in Princeton, befürwortete den Krieg gegen Afghanistan, um die Taliban zu entmachten. Nun spricht er sich mit ähnlicher Deutlichkeit gegen eine amerikanische Intervention im Irak aus. In der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift „The New Republic“ ( www.tnr.com ) fordert er von seiner Administration „No Strikes“, wirft aber auch den Europäern, insbesondere Bundeskanzler Schröder, Versäumnisse vor, die deren Glaubwürdigkeit beeinträchtigen. Verrat an seinen eigenen Überzeugungen ist weder das eine noch das andere. In beiden, eben nur grundverschiedenen, Fällen erweist sich Walzer als einer der scharfsinnigsten linksliberalen Köpfe seines Landes. Und als Theoretiker des gerechten Krieges – ein wichtiges Buch von ihm heißt „Just and Unjust Wars“ – besitzt er eine argumentative Autorität, die noch über diejenige seines Stanford-Kollegen Richard Rorty hinausgeht, der eine vergleichbare Kehrtwendung vollzogen zu haben scheint.

Walzer entwickelt in seinem Aufsatz eine bestechend logische Argumentation, die um die Begriffe des notwendigen und des gerechten Krieges kreist. Ihre Überzeugungskraft bezieht sie vor allem aus einer kleinen, allerdings wesentlichen Unterscheidung, die immer wieder Opfer von Bushs Rhetorik wird. Ein Militärschlag sei schon deshalb abzulehnen, weil die Annahme, man könne damit einem irakischen Angriff „zuvorkommen“ (preemption), zum jetzigen Zeitpunkt aus der Luft gegriffen sei. Es gehe höchstens darum, für die Zukunft einen solchen zu „ververhindern“(prevention). Der beste Weg dahin bestehe allerdings darin, wieder für eine Überwachung von Saddams Husseins Waffenpotenzial durch Inspektoren zu sorgen. Nach dem – notwendigen und gerechten – ersten Golfkrieg sei dies Mitte der 90er Jahre von der UN aus eigener Schuld vernachlässigt worden. Der Wunsch, ein verbrecherisches Regime zu stürzen, so Walzer, reiche als Rechtfertigung eines US-Angriffs nicht aus – auch deshalb, weil ein Nachfolgeregime Saddams Aufrüstung fortsetzen könne. Inspektion sei in jedem Fall klüger.

Dem deutschen Bundeskanzler und dem französischen Präsidenten Chirac wirft Walzer vor, deren Äußerung, die Kriegsdrohung der Bush-Regierung blockiere die Wiederaufnahme der Inspektionen, stelle die Verhältnisse auf den Kopf. dotz

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