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Kultur: Inter Nationes und GI sollten besser getrennt sparen

Inter Nationes Vorstandsmitglied Peter Sötje ist gegen eine FusionPeter Sötje Offiziell präsentiert sich Deutschland den Nichtdeutschen auf zwei großen Parketts. Im Ausland vermitteln die Goethe-Institute deutsche Kultur.

Inter Nationes Vorstandsmitglied Peter Sötje ist gegen eine FusionPeter Sötje

Offiziell präsentiert sich Deutschland den Nichtdeutschen auf zwei großen Parketts. Im Ausland vermitteln die Goethe-Institute deutsche Kultur. Im Inland kümmert sich Inter Nationes darum, dass Ausländer über deutsche Kultur informiert werden. Nun wird erwogen, beide Institutionen zu vereinigen. Das Stichwort lautet: Sparzwänge. Doch nur ans Sparen im Bundeshaushalt zu denken, greift zu kurz. Die Diskussion muss weiter greifen: als Beitrag zu einer Reform der Auswärtigen Kulturpolitik und der politischen Öffentlichkeitsarbeit im Ausland.

Unser Land ist seit 1989 zu einer Mittelmacht mit größerer weltpolitischer Bedeutung geworden - entsprechend mehr Verantwortung ist gefordert. Die Bedingungen für die Auswärtige Kulturpolitik und die politische Öffentlichkeitsarbeit haben sich bereits deutlich verändert. Ein Paradigmenwechsel findet statt.

Während vor der deutschen Einheit für die Bundesrepublik die Selbstdarstellung dominierte - nicht zuletzt in Konkurrenz zur DDR -, ist nun eine Politik nötig, die auf Dialog und Toleranz setzt. Das Ausland stellt zahlreiche Fragen, und wir selbst müssen neugierig und offen bleiben für das, was jenseits unserer Grenzen passiert. Nur durch Dialog lässt sich der angeblich unvermeidliche "Clash of Civilizations" abwenden.

Zwar trifft der strikte Sparkurs der Bundesregierung die Auslandsarbeit gerade angesichts der gewachsenen Aufgaben besonders hart. Aber alle Mittlerorganisationen sind herausgefordert, intelligente Lösungen zu finden und den Schaden zu begrenzen. Notwendiges und solidarisches Sparen muss durch Freisetzung von Synergien erfolgen. Wir haben jetzt auch eine Chance zu - manchmal überfälligen - Reformen und müssen sie nutzen.

Was wir jetzt brauchen, sind eben Synergien: durch strukturelle Veränderungen der Aufgabenprofile zwischen den Mittlern. Das Beispiel Inter Nationes und Goethe-Institut zeigt, welche politischen Alternativen es gibt. Inter Nationes ist die Medieninstitution im Kreis der Mittler. Wir kaufen, produzieren und vertreiben Bücher, Tonträger und Filme. Nur Rundfunk und Fernsehen für das Ausland betreut eine andere Institution, die Deutschen Welle. Alle übrigen Medien nutzen Inter Nationes. Die laufende Reform des Instituts erfolgt auf der Basis einer radikalen Überprüfung unserer Aufgaben. Das Ziel ist eine komplette Neuausrichtung unserer Arbeit. Herzstück der Reform ist dabei die Neubestimmung der Inhalte. Ausgehend von einem breiten Kulturbegriff sollte unsere Aufgabe darin bestehen, vorrangig jene Aspekte deutscher Gegenwartskultur unseren Partnern im Ausland anzubieten, die attraktive Ansätze für einen Dialog bieten. Und das bedeutet nicht länger reine Selbstdarstellung.

Pluralistische Deutschland-Bilder sollen Anreize zur Auseinandersetzung bieten. Alle Medienprodukte, die Inter Nationes herstellt, ankauft und vertreibt, können dazu beitragen. Allerdings werden sich die Gewichte verschieben. Informationen über das Internet werden wir deutlich ausbauen und in der Filmarbeit moderne Techniken nutzen. Printmedien werden zugunsten von visuellen Mitteln reduziert.

In den nächsten Jahren wird die personelle Außenpräsenz Deutschlands in der Welt deutlich ausgedünnt: Weniger Goethe-Institute, weniger DAAD-Lektoren, Schließung von Botschaften und Konsulaten, weniger Kulturattachés und Pressereferenten an den Auslandsvertretungen. Schadensbegrenzung wird nur möglich sein, wenn wir parallel dazu wenigstens die mediale Außenpräsenz halten, teilweise sogar kostengünstig verstärken.

In dieser Situation wäre eine Fusion von Goethe-Institut und Inter Nationes nur die zweitbeste Lösung. Weit mehr Synergien würden mobilisiert durch eine Konzentration der Medienarbeit, ja des gesamten kulturellen Austauschs bei der schon jetzt größten Medieninstitution: Inter Nationes. Inter Nationes verfügt über ein breites Mandat, das einem weiten Kulturbegriff folgt, während das Goethe-Institut in den letzten Jahren seine Arbeit immer mehr an elitären Zielgruppen vorrangig aus dem Kunstbereich ausgerichtet hat. Inter Nationes arbeitet arbeitsteilig nicht allein mit dem Goethe-Institut, sondern auch mit den anderen großen Mittlern und den diplomatischen Vertretungen zusammen.

Voraussetzung einer weiteren Konzentration der Medienarbeit von Inter Nationes ist jedoch ein gewisses Maß an Mitbestimmung der im Ausland präsenten Institutionen bei den Inhalten unserer Arbeit. Während Inter Nationes im Inland die attraktiven Seiten der deutschen Gegenwartskultur herausfinden kann, müssen die Mitarbeiter vor Ort stärker als bisher die Interessen der Partner einbringen.

Eine solche Reform zerstört nicht die arbeitsteilige Vielfalt der Mittler, um die uns viele im Ausland beneiden. Der scheinbar radikale Vorschlag einer Fusion nutzt zu wenig die Vorteile einer arbeitsteiligen Kooperation. Er verkennt die Gefahren allzu "großer Tanker" gerade im sensiblen Bereich der Auslandsarbeit und unterschätzt die Fähigkeit mittlerer und kleinerer Institute, flexibel auf veränderte Aufgaben zu reagieren. Eine Fusion bietet vor allem einseitige Vorteile für das Goethe-Institut, die freilich mit Nachteilen für die gesamte Arbeit erkauft würden. Wer allein das Sparpotential sieht, das gewiss in der Zusammenlegung der Verwaltungen beider Institute liegt, springt zu kurz. Eine intelligente Antwort auf die Sparpolitik muß zu einer Qualifizierung unserer gemeinsamen Auslandsarbeit führen.Der Autor ist Vorstandsmitglied von Inter Nationes in Bonn © 1999

Peter Sötje

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