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Amos Oz im Jahr 2012.

© imago/Leemage/M. Mencarini

Israelischer Schriftsteller: Amos Oz gestorben

Romancier und Friedensaktivist: Der israelische Schriftsteller Amos Oz starb mit 79 Jahren. Staatspräsident Rivlin würdigte ihn als "literarischen Giganten".

Der israelische Schriftsteller Amos Oz ist tot. Er starb am Freitag im Alter von 79 Jahren in Jerusalem, wie seine Tochter Fania Oz-Salzberger auf Twitter mitteilte. Sie schrieb: „Mein geliebter Vater, Amos Oz, ein wunderbarer Familienmensch, ein Autor, ein Mann des Friedens und der Mäßigung, ist heute nach einem kurzen Kampf mit Krebs friedlich eingeschlafen.“ Oz sei im Kreise seiner Familie gestorben. „Möge sein gutes Erbe weiter die Welt verbessern.“ Als einer der ersten meldete sich Israels Staatspräsident Reuven Rivlin zu Wort und würdigte Amos Oz als „literarischen Giganten“. Rivlin sagte: „Ruhe in Frieden, unser geliebter Amos.“

Auch der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kondolierte der Witwe Nily Oz. „Für Amos Oz war der Kampf gegen Gewalt und Fanatismus jeder Couleur - auch im eigenen Land - zum Lebensthema geworden. Die Sehnsucht nach Frieden war sein tägliches Ringen“, schrieb Steinmeier. „Er lehnte das Entweder-Oder, Sieg oder Untergang ab und drang auf den Dialog zwischen Feinden.“ Er selbst verliere mit Oz' Tod einen Freund.

Der deutsche Bundesaußenminister Heiko Maas würdigte Oz nicht nur als großen Schriftsteller, „der mit seinen Geschichten auch in Deutschland unzählige Menschen fesseln konnte", sondern auch als "mutigen, unerschrockenen Verfechter eines Friedens im Nahen Osten“. Er habe „uns immer wieder mit seinen klugen, mahnenden Worten zum Nachdenken gebracht und uns daran erinnert, dass der Frieden nur kommt, wenn wir dafür kämpfen“.

Oz' Weltbestseller: "Eine Geschichte von Liebe und Finsternis"

Auch das Internationale Auschwitz Komitee erinnerte an Oz. "Überlebende des Holocaust verneigen sich in Trauer und Dankbarkeit" vor Oz, so Vizepräsident Christoph Heubner. Er nannte den Autor einen "präzisen und wortmächtigen Chronisten ihrer Verluste, Empfindungen und Erinnerungen". Gerade in der "lauten und hasserfüllten" Gegenwart werde seine "kluge, differenzierende und beharrliche Stimme" bitter fehlen.

Der Schriftsteller, der sich vor allem mit seinem Weltbestseller "Eine Geschichte von Liebe und Finsternis" einen Namen gemacht hat, ist neben David Grossman der bedeutendste Intellektuelle seines Landes gewesen, eine politische Stimme von Gewicht. Geboren wurde er als Amos Klausner am 4. Mai 1939 in Jerusalem, mit Reuven Rivlin ging er zur Schule. Seine "Geschichte von Liebe und Finsternis" wurde in alle Weltsprachen übersetzt und 2016 auch als Film adaptiert. Auf Deutsch sind viele seiner Werken bei Suhrkamp erschienen, zuletzt 2018 der Erzählungsband "Wo die Schakale heulen".

Oz sagte einmal von sich: "Ich bin das Kind von Leuten, die aus Europa rausgeworfen wurden, obwohl sie es geliebt und vielleicht sogar dazu beigetragen haben, dass die Vorstellung eines vereinten multikulturellen Europas entstehen konnte." Die Vorstellung eines anderen Israel hat er selber zeitlebens maßgeblich geprägt. Nach dem Freitod seiner Mutter ging Oz als Fünfzehnjähriger in den Kibbuz Chulda, wo er fast 30 Jahre lang lebte. Seine Erfahrungen verarbeitete er in den frühen Romanen "Ein anderer Ort" und "Der perfekte Frieden". Zu weiteren in Deutschland bekannten Werken von Oz gehören „Mein Michael“, „Black Box“ und „Eine Frau erkennen“.

Der Autor nahm früh den Namen Oz an, was auf Hebräisch soviel wie Kraft, Stärke bedeutet. Er studierte Literatur und Philosophie an der Hebräischen Universität und ist seit dem Sechs-Tage-Krieg in der israelischen Friedensbewegung aktiv: Er befürwortet eine Zwei-Staaten-Lösung im israelisch-palästinensischen Konflikt, vor allem als Mitbegründer und herausragender Vertreter der seit 1977 bestehenden Friedensbewegung "Peace Now". "Die Palästinenser werden nirgendwohin gehen, und auch die Israelis bleiben hier“, sagte er. „Beide Seiten haben keine Wahl, sie müssen das Haus in zwei Wohnungen aufteilen - so wie es die Tschechen und die Slowaken getan haben. Wie lange das dauern wird, kann ich nicht sagen.“ Er selbst wird es nun nicht mehr miterleben.

Oz lehrte außerdem von 1987 bis 2005 an der Ben-Gurion-Universität.

Amos Oz hasste die Geschichte von Judas - und schrieb einen Roman darüber

Amos Oz gilt als der meistübersetzte Autor Israels. Für seine Romane, Erzählungen, Essays und Kinderbücher wurde er vielfach ausgezeichnet, er galt immer wieder als Kandidat für den Literaturnobelpreis, den er allerdings nie erhalten hat. Unter anderem erhielt der Autor den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels (1992), den Israel Preis für Literatur (1998), den Frankfurter Goethe-Preis (2005), den Siegfried Lenz Preis (2014). Für seinen Roman "Judas" erhielt er den kirchlichen "Mount Zion Award". Er hasse die Geschichte von Judas und von den umgerechnet 600 Euro Bestechungsgeld für einen verräterischen Kuss, der für 2.000 Jahre Hass und Verfolgung über das jüdische Volk bringen sollte, sagte Oz in seiner Dankesrede bei der Preisverleihung im Oktober 2017 in der Jerusalemer Dormitio-Abtei. Tsp (mit KNA und dpa)

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