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Kultur: Iss oder stirb - Im Film geht das Leben durch den Magen

"Kauen", raspelt eine Frauenstimme. "Kauen, kauen, kauen, bis der Bissen zu einem wässrigen Brei geworden ist.

Von Susanna Nieder

"Kauen", raspelt eine Frauenstimme. "Kauen, kauen, kauen, bis der Bissen zu einem wässrigen Brei geworden ist." Die Stimme gehört Mummy und tönt aus einem Grammophon-Trichter, denn Mummy hat vor einer Weile das Zeitliche gesegnet. Doch im Geiste weilt sie noch unter den Zuhörern im Speisesaal, die folgsam Essen zerkauen, das eine ähnlich grünliche Farbe besitzt wie ihre eigenen Gesichter.

Das Hotel Splendide ist ein ehemals mondänes Haus, dessen Kanalisation pumpt und schnauft wie ein lebender Organismus, ein verlorener Ort vor einer grau verhangenen Küste. Das Leben kocht hier auf Sparflamme, kaum genährt von trostlosen Fischgerichten. Der kunstvoll arrangierte und ausgeleuchtete Mikrokosmos erinnert an "Delicatessen" (1990). Aber während dort selbst Eindringlinge nicht die hermetische Künstlichkeit durchbrachen, bringt in "Hotel Splendide" (Regie: Terence Gross) ein Mensch aus der Außenwelt das Biotop aus der Balance.

Dabei läuft alles in so wunderbar geregelten Bahnen. Dezmond (Stephen Tomkinson), Mummys Ältester, führt pflichtgetreu deren Regime fort. Seine Schwester Cora (Katrin Cartlidge) setzt dem verlorenen Häuflein Hotelgäste Klistiere, damit das, was der jüngste Bruder Ronald (Daniel Craig) in der Küche mit grimmiger Präzision zubereitet, nicht im Darm verrottet. All das ändert sich schlagartig, als Kath (Toni Collette) auftaucht. Sie trägt rote Kleider, besitzt einen Kasten voller Gewürze und hat keinen Respekt vor Mummys Anweisungen. Sobald sie die Küche betritt, beginnt der Machtkampf. "Weg mit der Fischsuppe. Es gibt Putanesca!", hallt ihr Schlachtruf durch die bröckelnden Gänge. Und je mehr würziges Essen sie kocht, desto mehr Hausbewohner fallen vom Glauben ab. "Hotel Splendide" erzählt die Geschichte vom Sturz des Tyrannen in wunderbar überzeichneten Bildern. Witz und Ernst halten sich genau die Waage, und die Schauspieler strahlen und funkeln, bis sich der niedrige Himmel hebt. Es lebe das Leben!Heute 21.30 Uhr (Zoo Palast), morgen 14.30 Uhr (CinemaXX 7), Sonntag 17 Uhr (International)

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