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Dirigent Iván Fischer und das Konzerthausorchester.

© Marco Borggreve

Iván Fischer und das Konzerthausorchester: Ideale Partnerschaft

Das Konzerthausorchester unter Iván Fischer: Selten hört man Beethovens Zweite derart abwechslungsreich, spannend und unprätentiös.

Es ist der erste Auftritt nach der Ankündigung, dass Iván Fischer seinen Vertrag mit dem Konzerthausorchester nicht verlängern wird. 2018 soll Schluss sein, was für reichlich Wehmut sorgt. Dabei scheint der Anfang dieses Abends noch für Aufbruch zu stehen: Die Orchestermusiker sind quickfidel; Fischer hüpft gut gelaunt aufs Dirigentenpult, als stünde nicht Beethovens Zweite auf dem Programm, sondern ein Csárdás aus Ungarn.

Diese Leichtigkeit, diese Zugewandtheit macht den Chef des Konzerthausorchesters zu einer besonderen Gestalt im Berliner Musikleben. Und Beethovens Sinfonie? Klingt bei Fischer wie ein Klangteppich aus irrlichternden Sternschnuppen. Schon den ersten Satz verwandelt der Ungar zu einem Filetstück dramaturgischer Stringenz: Fortissimopassagen folgen abrupt auf leise Phrasierungen; aggressive Akzente auf schmiegsame Streichersoli. So geht es auch in den nächsten Sätzen weiter: In einem Moment wähnt man sich sicher, während schon im nächsten die Bläser wie aus dem Nichts hereinplatzen und die Sinfonie in eine vollkommen neue Richtung lenken.

Nachdenkliche Nuancen

Kurz: Selten hört man Beethovens Zweite derart abwechslungsreich, spannend und unprätentiös. Eben weil Fischer sie nicht als biederen Beweis für Beethovens Nähe zu seinem Lehrer Haydn liest, sondern als Vorstufe zu den grenzüberschreitenden Werken aus der Spätphase. Daher folgt nach der Pause auch gleich Beethovens Dritte, die Eroica, um den Vergleich ziehen zu können. Und was geschieht? Auch hier stellt sich eine Überraschung ein: Anstatt nun die vermeintlich heroische Folgesinfonie – angeblich ja ein Anbahnungsversuch an Napoleon – bis ins Extrem zu treiben, schaltet Fischer einen Gang herunter und tastet sich an die nachdenklichen Nuancen heran. Das Orchester wirkt gefasster, konzentrierter, als wollte es die Interpretationslogik der Werke chronologisch auf den Kopf stellen.

Was sich nicht verändert, ist die perfekte Kommunikation zwischen Dirigent und Orchester: Die Musiker achten hochkonzentriert auf Fischers Anweisungen und präsentieren sich als geschlossener, agiler, blitzgescheiter Orchesterapparat. Noch ist viel Zeit für weitere Beweise dieser idealen Partnerschaft, doch schon jetzt muss man mit einem leisen Schluchzen sagen: Iván Fischer wird der Musikstadt fehlen.

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