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Der amerikanische Musiker J Mascis.

© Sub Pop

J Mascis solo im Lido: Spiralen und Sterne

Feinster Psychedelic-Folk: J Mascis gibt im ausverkaufen Berliner Lido ein großartiges Solo-Konzert, bei dem er auch einige Stücke seiner Band Dinosaur Jr. spielt.

Joseph Donald Mascis, wie der Mann mit vollem Namen heißt, kennt man als verschlurften Sänger, Songschreiber und grandiosen Saitenschwinger von Dinosaur Jr., dem prähistorischen US-Indie- Rock-Urvieh, das in den späten Achtzigern mit explodierenden Gitarreneruptionen die Erde beherrschte, bevor es im Streit mit sich selbst unterging. 2005 gab es ein Comeback der Band, doch jetzt sitzt J Mascis ganz allein im ausverkauften Lido und präsentiert sich als einer, der es nicht mehr nötig hat, die Bühne mit mächtigem Akkordgedonner zu erobern.

Der 49-jährige Grunge-Pate trägt rote Nerdbrille, Vollbart und Basecap über dem ergrauten Langhaar und wirkt zunächst etwas verloren ohne seine Begleiter und die riesigen Verstärkerwände. Gleichzeitig spürt man aber auch, dass es ihm ein Vergnügen ist, zu zeigen, dass seine brüchigen Songs, die normalerweise mit dicken Schichten aus verzerrten Gitarren, Wummerbässen und Schepperdrums verstärkt werden, auch in reduzierter Form bestens funktionieren.

Schön zu beobachten, wie Mascis mit seiner halbakustischen Gitarre an den Knochen nagt, zerrt und sägt, während sein unverwechselbarer Nuschelgesang, der aus dem Nichts zu kommen scheint und immer wieder im Echo versinkt, den Songs eine friedfertige Müdigkeit verleiht. 70 Minuten lang schüttelt der Urvater des Slackertums wunderbar verzwirbelte Stücke aus dem Griffärmel, die manchmal echte Zuhörarbeit erfordern: Lieder vom aktuellen Solo-Album „Tied To A Star“, dazu alte Dinosaur-Jr.-Songs wie „Little Fury Things“ oder „Alone“, Mazzy Stars famose Schmelzballade „Fade Into You“ und als obligatorische Zugabe „Just Like Heaven“ von The Cure.

Die Abgeklärtheit seines Saitenspiels geht dabei völlig auf in einem feinen Netz aus schrammeliger Folk-Psychedelia im Geiste von John Fahey, Neil Young oder David Crosby, mit knorrigen Blues-Melodien und weitschweifigen Westcoast-Harmonien. Lässig aufgefächerte Intros wechseln sich ab mit harten, kleinen Spiralen, die immer kurz davor stehen, in das allerschönste Laidback-Gedudel abzukippen, um dann mit durchgetretenem Effektpedal im Feedback-Lärm abzusaufen. Ein großartiger Auftritt.

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