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Kultur: Jämmerliche Schönschreibart

Da fliegt man als Torwart zwischen den Pfosten hin und her, legt eine „Serie von Glanzparaden“ hin und am Ende kommt doch nur ein „torloses Unentschieden“ heraus. Ein mickriges, uninspiriertes 0:0.

Da fliegt man als Torwart zwischen den Pfosten hin und her, legt eine „Serie von Glanzparaden“ hin und am Ende kommt doch nur ein „torloses Unentschieden“ heraus. Ein mickriges, uninspiriertes 0:0. Mag sein, Jens Lehmann war in Frankreich hocherfreut über ein solches Ergebnis. Aber das Wichtigste fehlte: Tore. Da kommt es auf den Kommentator an. Burkhard Spinnen kann selbst ein Remis zur fesselnden Angelegenheit machen. Denn Spinnen ist ein Fachmann fürs torlose Leben. In seinem Erzählband „Reservetorwart“ (Schöffling & Co.) wimmelt es von matten Männern auf der Ersatzbank: zweite Chefs und mittlere Angestellte. Allesamt sind sie um die 40, gegen Katastrophen immun, schwankend zwischen Mittelmaß und Wahn. Ihr Ort ist die deutsche Provinz, und Spinnen der Chronist dieser „schicksalslosen Generation“. Einmal erzählt er von einem Schriftsteller, der jammert, ihm fehle eine „Theorie der Prosa“. Ob Spinnen selbst eine hat, wird man sehen, wenn er heute ins Literarische Colloquium kommt (20 Uhr).

An Familiengeschichten mangelt es in letzter Zeit nicht. Und doch ist eine, nämlich Arno Geigers „Es geht uns gut“ (Hanser), soeben zum besten Roman des Jahres gekürt worden. Es geht darin um drei Generationen im Österreich der Jahre 1938 bis 2001. Im Mittelpunkt steht Philipp, der sich einen Teufel um die Familientradition schert, ein klassischer Erbverweigerer, was unspektakulär bliebe, würde Geiger seine Geschichte nicht geschickt in 21 ausgewählte Tage verpacken. Und würde er sich jener „jämmerlichen Schönschreibart“ bedienen, die sein Protagonist fürchtet. Am 17.11. kommt der Gewinner des Deutschen Buchpreises ins Literarische Colloquium (20 Uhr).

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