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Lukás Vondrácek

© Irene Kim

Janowski und das RSB: Dunkle Ahnung

Marek Janowski und das Rundfunk-Sinfonieorchester mit Bartók und Beethoven. Der junge tschechische Pianist Lukás Vondrácek springt für Yefim Bronfman ein.

Als Bartók sein Divertimento für Streichorchester schrieb, war ihm nicht heiter zumute. Als sensibler Beobachter der politischen Großwetterlage sah er klar, welche Stunde im August 1939 geschlagen hatte. Vor allem dem zweiten Satz hört man es an: ein eindringlicher Klagegesang auf gedämpfter Streichergrundlage. Schwer, das zeitlos-abstrakt zu hören, es nicht auch auf unsere Gegenwart zu beziehen, auf die schwarzen Wolken, die erneut aufziehen.

Marek Janowski und das Rundfunk-Sinfonieorchester wissen um die Rolle, die subtilste dynamische Schattierungen in diesem Satz spielen, und setzen sie feinfühlig um. Dazwischen schießt immer wieder das Tutti in die Höhe, wie Reisig, der verbrennt. Melancholie und Verzweiflung, die auch die 16 Jahre früher entstandene Tanz-Suite für Orchester nicht vertreiben kann. Komponiert hat sie Bartók zum 50. Jahrestag der Vereinigung von Buda und Pest zu Budapest.

Vondrácek technisch brilliant, aber emotionslos

Den (damals schon) beinharten ungarischen Nationalisten wollte er völkerverbrüdernd mit einer von süd- und südosteuropäischen Tänzen inspirierten Musik begegnen. Ihr haftet nichts Festliches an, eher hinterfragt sie Pomp und Pathos – zumal, wenn Janowski sie so akribisch, alle Rhythmusvariationen deutlich herausmeißelnd, dirigiert.

Der junge tschechische Pianist Lukás Vondrácek springt für den erkrankten Yefim Bronfman ein – und macht seine Sache vordergründig sehr gut. Extrem fingerfertig, agil, sportlich, technisch brillant. Und verfehlt Beethoven doch. Das 3. Klavierkonzert ist eine Übung in der Kunst der Kommunikation, der Debatte, des einander Zuhörens. Für Vondrácek ist es vor allem eine Plattform seiner Virtuosenkunst. Feinziseliert bis zur Selbstverliebtheit bohrt er sich in jeden Triller, als wolle er gar nicht mehr loslassen. Doch vergisst er darüber die großen Bögen und den Kontakt zum Publikum. Seine Emphase bleibt leer, rührt – anders als manches Soli (Oboe!) im Orchester – nicht an, dient sie doch hauptsächlich der Selbstdarstellung. Mitreißen kann Vondrácek. Ergreifen nicht.

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