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Marek Janowski

© Broede

Janowski und das RSB: Zitate des Zauderns

Marek Janowski will Joseph Haydn nicht als zahmen Klassiker zeigen, sondern als Satzmeister, Reformer, und ja, auch Lebemann. Seine Musiker vom RSB sind hör- und sichtbar mit Spaß bei der Sache .

Im Alter, sagt man, wird man entweder halsstarrig oder milde. Bei Marek Janowski, gerade 76 geworden, ist man wohl mit einer Mischung aus beidem konfrontiert, verblüffend gewürzt mit einem trockenen Humor. Er ist immer für eine Überraschung gut: Erst vor kurzem wurde bekannt, dass er nach Jahrzehnten der Opernaskese aus Frust über schlechte Inszenierungen nun doch nach Bayreuth zurückkehrt – ausgerechnet für Frank Castorfs Ring. In einer Mischung aus unbestreitbarer Könnerschaft und Trotz hatte er zuletzt den ganzen Wagnerkanon mit seinem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin konzertant aufgenommen.

Dieses RSB ist es, mit dem Janowski auch anderweitig immer wieder Furore macht – sei es mit Aufsehen erregenden Ausgrabungen oder mit durchaus gefälligen Programmen altgedienter Wiener Klassik. Dass er nun im Konzerthaus eine frühe Esterházy- mit einer üppigen Londoner Sinfonie von Joseph Haydn zusammenspannt, ist schon spannend genug. Denn Janowski macht in beiden, zeitlich weit auseinanderliegenden Werken sowohl die Treue Haydns zu sich selbst als auch dessen Entwicklung und Experimentierfreude kenntlich.

Dass Haydn nicht langweilig klingen muss, ist selbst beinharten Skeptikern der historischen Aufführungspraxis erklärlich, auch wenn niemand mehr ernsthaft behauptet, Darmsaiten und asketische Vibrato-Verbannung führten allein zum Stein der Weisen. Viel mehr kommt es darauf an, Haydn aus seiner Zeit als Satzmeister, Reformer, und ja, auch Lebemann zu verstehen. Gerade im Wandel von Sinfonie Nr. 39 zu Nr. 99 darf man die Reifung eines Musikers nachvollziehen, der sich von der fürstlichen Komponierkammer emanzipierte und zum autarken Weltstar entwickelte.

Dass Joseph Haydns simpel anmutende Musik alles andere als leicht ist, hört man immer wieder an Konzerten und Aufnahmen, deren Ideenlosigkeit mehr lieblose Publikumsumschmeichelung als künstlerische Suche ist. Janowski aber will etwas, er entlockt seinem Orchester mit knappen Gesten belebende Frische und elegante Gewandtheit, dass mancher Übereifer entschuldbar wird. Seine Musiker spielen hör- und sichtbar mit Spaß an der Sache und ohne jeden Hochmut, mit dem nötigen Ernst und doch fabelhaft humorvoll.

Oberflächlich betrachtet passt zu diesem Interpretationsansatz auch Béla Bartóks drittes Klavierkonzert, dessen abgeklärte Simplizität eher altersmilde denn störrisch als eine wohlmeinende Bilanz seines reichen Schaffens gelesen werden könnte. Pianist Francesco Piemontesi verkennt indes die sehr wohl eingewobenen Zitate des Zauderns, das Schmerzvolle im Scherz, die Wagnisse eines vermeintlich Furchtlosen. So verhuscht er pedalselig eine um die andere Phrase, bleibt damit blass und flüchtig. Damit vergibt er dem Werk viel, das es verdient hätte, ebenso neu entdeckt zu werden wie Haydns Sinfonien.

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