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Japanische Kunst: Zeichen der verrinnenden Zeit

Der Sammler Klaus F. Naumann überlässt Berlin seine kostbare Kollektion traditioneller japanischer Kunst.

Berlin gilt seine Liebe, doch erst Peter-Klaus Schuster machte den Deal perfekt. Mit ihm, erzählt Klaus F. Naumann, sei er vor fast zehn Jahren Kaffee trinken gewesen. Im Alten Museum direkt am Schlossplatz, auf den der damalige Generaldirektor der Stiftung Preußischer Kulturbesitz mit großer Geste gewiesen habe. „Wir bauen das Schloss wieder auf, hat er gesagt“, erinnert sich Naumann. „Und Ihre Sammlung zeigen wir dort.“

Naumann hat das nicht vergessen. Vor neun Jahren übergab er dem Berliner Museum für Asiatische Kunst knapp 100 Meisterwerke der japanischen Kunst als Dauerleihgabe: Rollbilder, Stellschirme, Keramiken. Jetzt hat der in Tokio lebende Sammler und Kunsthändler die Exponate der Stiftung geschenkt und durch weitere 50 Stücke ergänzt. Eine noble Spende, die dem Haus in Dahlem einen Teil jener Bedeutung zurückgibt, für die es lange berühmt war. Vor dem Zweiten Weltkrieg galt die Ostasiatische Kunstsammlung als Kollektion der allerbesten Objekte.

Gegründet wurde sie 1906 von Wilhelm von Bode, und auch damals prägten private Mäzene mit großzügigen Schenkungen ihr Profil. 1919 übergab der jüdische Sammler Gustav Jacoby rund 2000 ostasiatische Kostbarkeiten aus seinem Besitz, und um 1930 zählte der Förderverein über tausend Mitglieder. Doch dann dezimierten der Zweite Weltkrieg und anschließende Raubzüge für Beutekunst den Bestand der Abteilung um neunzig Prozent. Ein wesentlicher Teil der verlorenen 5000 Objekte findet sich heute in den Depots der Eremitage in St. Petersburg und im Moskauer Puschkin-Museum. Anderes wie die textile Sammlung ist bei Bombenabwürfen komplett verbrannt.

Was dem Museum aus eigener Anstrengung nie gelungen wäre, hat Naumann mit privaten Mitteln ermöglicht. Auf einen Streich verfügt das Haus nun wieder über eine wichtige Sammlung aus dem 6. bis zum frühen 20. Jahrhundert, das den ästhetischen Kosmos und die handwerkliche Virtuosität japanischer Kunst sichtbar macht. Sei es mit den beiden sechsteiligen Stellschirmen des Künstlers Sangetsudô aus dem 18. Jahrhundert, auf deren Goldgrund sich elegante Kraniche tummeln oder den zarten Landschafts- und Tierdarstellungen diverser Hängerollen.

Dass Naumann in letzter Zeit bewusst nach Stücken gefahndet und sie erworben habe, was der musealen Kollektion bislang fehlte, betonte Hermann Parzinger als Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz bei der feierlichen Übergabe am vergangenen Donnerstag. Und er vergisst nicht zu erwähnen, dass man im Gegenzug 2008 über 50 Lackkunstarbeiten aus der Sammlung Naumann angekauft hat.

Es sind wunderbare Exempel einer aufwändigen Technik, von der es außerhalb Ostasiens in dieser Vielfalt höchstens noch im Metropolitan Museum in New York Vergleichbares gibt. Manchen der Tabletts und Schalen mag man die Kunstfertigkeit auf den ersten Blick nicht ansehen: Die feinen Intarsien aus Perlmutt finden sich auf der Rückseite, während unter der leuchtend roten Oberfläche nach vielem Gebrauch die schwarze Lackschicht zum Vorschein kommt. Die Hersteller in den Zen-Klöstern haben den dauernden Einsatz der Objekte durchaus einkalkuliert. Die individuellen Gebrauchsspuren, die Zeichen der verrinnenden Zeit machen die Objekte besonders wertvoll und konfrontieren den Dahlemer Besucher mit einer Ästhetik, die der westlichen Mentalität fremd ist.

Aufgehoben sind die Kostbarkeiten in einer Galerie, die nach dem Sammler benannt wurde. Das ist im Berliner Museum für Asiatische Kunst bislang einzigartig und wird es fürs erste wohl auch bleiben. Doch das großzügige Geschenk und die langjährige Verbindung zwischen dem Experten für Ostasiatika und dem Haus rechtfertigen die Ausnahme, wie Parzinger erklärt.

So präsentieren sich die Schätze des Mäzens, der 1935 in Berlin geboren wurde, in einem Raum, der stets an Naumann erinnert. Ergänzt werden sie durch historische japanische Malerei und den Dialog mit einem nachempfundenen Teehaus, das der Sammler für „eines der schönsten außerhalb Japans“ hält.

Er selbst habe als Kunsthändler lange darunter gelitten, dass er weit mehr nach Amerika vermitteln konnte als an deutsche Museen. Dabei sieht er seine Wurzeln in Berlin und hat der Stadt endlich ein Panorama japanischer Kunst verschafft, für das er in zehn Jahren auf adäquate Präsentation im Humboldt-Forum des Stadtschlosses hofft. Eine Gabe des Vertrauens. „Doch wer hätte“, schließt Naumann seine Festrede mit Blick auf Schusters Versprechen, „da widerstehen können?“

Museum für Asiatische Kunst, BerlinDahlem, Lansstr. 8., Di - Fr 10 - 18 Uhr, Sa und So 11 - 18 Uhr

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