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Melodien ohne Formeln. Der Pianist Aaron Parks.

© Bart Babinski/ECM

Jazzpianist Aaron Parks in Berlin: Der freudige Anfänger

Der Jazzpianist Aaron Parks ist ein Romantiker, der auch die dunklen Seiten des Schönklangs nicht scheut. Demnächst ist er zu Gast in Berlin. Mit Gitarrist Gilad Hekselman und dessen Trio ZuperOctave.

Von Gregor Dotzauer

Unter den Pianisten, die dem Jazz in den letzten zehn Jahren neues Leben eingeflößt haben, ist er vielleicht derjenige, der auf Anhieb am wenigsten heraussticht. Aaron Parks, 1983 in Seattle geboren, stürzt sich weder in die dissonanten Wildwasser, in denen sich Matt Mitchell oder die Kanadierin Kris Davis bewegen, noch arbeitet er mit fremdartig schillernden Voicings, wie sie David Virelles in seiner Ritualmusik benutzt.

Mit allem, was er tut, fügt er sich geschmeidig in seine jeweilige Umgebung ein. Mit der Allstarband James Farm, an der Saxofonist Joshua Redman und Drummer Eric Harland beteiligt sind, spielt er einen melodischen Jazz an der Grenze zum Pop. Mit dem dänischen Bassisten Thomas Fonnesbaek entfacht er auf dem Trioalbum „Groovements“ ein Straight-Ahead-Feuer, dass, wenn es so richtig flackert, immer noch zu den herzerwärmendsten Erfahrungen des Jazz gehört. Mit dem französisch-tunesischen Oud-Spieler Dhafer Youssef galoppiert er auf „Diwan of Beauty and Odd“ durch vertrackte arabische Rhythmen. Und dann erkundet er auf seinem jüngsten Album „Find the Way“ mit Bassist Ben Street und Schlagzeuglegende Billy Hart zur Abwechslung eigene Kompositionen, und man fragt sich: Ist das eigentlich mehr als der lyrische Standard auf hohem Niveau, den manche Trios seines aktuellen Labels ECM bieten?

Man muss mit diesem Album eine Weile leben, um dem zurückhaltenden Genie von Aaron Parks auf die Spur zu kommen. Ja, er ist ein zutiefst romantischer Geist, aber einer, der, wie er schon auf seiner Soloaufnahme „Arborescence“ bewies, auch die dunkleren Seiten des Schönklangs kennt. Nicht zufällig bewundert er den verstorbenen Paul Bley und dessen dramatische Sprödigkeit. Je öfter man Parks zuhört, desto schlüssiger wirkt vor allem der Aufbau seiner Soli. Sie brillieren mit einer melodischen Erfindungsgabe, die sich nicht im Laufwerk eingelernter Formeln erschöpft, sondern innerhalb der gegebenen Strukturen wie beim ersten Mal anzusetzen versucht. „Always beginning. Often perplexed“, nennt er als Motto auf seiner Website. Und: „Drawn to beauty and to the absurd.“ Das zeigt sich in Balladen wie in schnellen Standards.

Natürlich hat er im Lauf der Jahre auch ein reiches Vokabular entwickelt. Noch als Student an der Manhattan School of Music verpflichtete ihn der Trompeter Terence Blanchard. Doch je flüssiger ihm die Dinge von der Hand gingen, desto mehr misstraute er seiner Virtuosität. Sein Blue-Note-Debüt „Invisible Cinema“ (2008), ein Musterbeispiel für die elegante Komplexität des zeitgenössischen Jazz, erscheint ihm heute fast überladen. Die Stücke, die er davon noch spielt, hat er zum Teil vereinfacht. Pianistische Details wie Anschlag und Tongestaltung interessieren ihn mehr denn je.

Das hat ihn auch zum gefragten Begleiter gemacht. Während er sich bis vor Kurzem noch darüber lustig machte, ständig als „guitarist’s pianist“ gehandelt zu werden, unter anderem durch die Arbeit mit Kurt Rosenwinkel, Lage Lund und Mike Moreno, stehen mittlerweile die Sängerinnen Schlange. So hat er zur fragilen Musik der Koreanerin Yeahwon Shin beigetragen und auf dem Anfang nächsten Jahres erscheinenden Album „Ocean Av“ der Kanadierin Emma Frank mitgespielt, von dem erste Herrlichkeiten bereits auf YouTube zu sehen sind.

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Nach Berlin kommt er jetzt allerdings erst einmal wieder mit einem in vieler Hinsicht sinnesverwandten Gitarristen: dem gleichaltrigen, in New York lebenden Israeli Gilad Hekselman und dessen Trio ZuperOctave. Mit Kendrick Scott am Schlagzeug ist ein dritter Weltklassemusiker dabei. Das alles findet auf Tuchfühlung im Friedenauer Zig Zag statt. Der Club kann sich solche internationalen Extravaganzen nur leisten, weil er neben dem b-flat und dem Donau115 dieses Jahr erneut mit einem Applaus, dem mit 40 000 Euro dotierten Programmpreis für unabhängige Spielstätten, ausgezeichnet wurde.

ZigZag, Mo 11.12., 20.30 Uhr, Hauptstr. 89, Schöneberg

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