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Kultur: "Jeder, was er liebt und am besten kann"

"Eigentlich hat sich gar nichts geändert", sagt die Geigerin Susanne Schergaut lachend, "wir spielen jetzt unsere Abo-Reihe zu Ende, die Reihe der nächsten Saison steht auch, und die finanziellen Schwierigkeiten sind ebenfalls geblieben." Vor knapp drei Jahren war schon einmal das Ende des Kammerorchesters Carl Philipp Emanuel Bach verkündet worden.

"Eigentlich hat sich gar nichts geändert", sagt die Geigerin Susanne Schergaut lachend, "wir spielen jetzt unsere Abo-Reihe zu Ende, die Reihe der nächsten Saison steht auch, und die finanziellen Schwierigkeiten sind ebenfalls geblieben." Vor knapp drei Jahren war schon einmal das Ende des Kammerorchesters Carl Philipp Emanuel Bach verkündet worden. Eine spektakuläre Rettungsaktion, an der sich neben privaten Spendern auch die Berliner Volksbank und die Konzertdirektion Adler beteiligten, bewog dann doch zum Weitermachen - immerhin konnte man im Februar den 30. Geburtstag feiern. Und so blieb alles beim alten: viel Arbeit, von steigenden Besucherzahlen honoriert, jedoch keineswegs von den Kulturoberen: Subventionen hat es nie gegeben, weder in der DDR, wo das heutige Barockorchester 1969 kurioserweise als "Musica Nova"-Ensemble entstand, noch nach der Wende innerhalb eines wachsenden Konzertangebots und konkurrierender Unternehmen in Sachen Alte Musik.

Hartmut Haenchen, weiterhin hochgeschätzter GMD der Oper Amsterdam, gab dem Klangkörper in den achtziger Jahren das bis heute erfolgreiche Profil: "In der DDR war alte Musik eine Nische, die nicht wie die Moderne durch Uraufführungswünsche politisch beeinflußt werden konnte", erzählt Rainer Jahnel, als Geiger von Anfang an dabei. "Alte Musik auf modernen Instrumenten, das ist seitdem unser Anliegen." Gegenüber der Originalklangbewegung, die damals noch in den Kinderschuhen steckte, wissen die beiden Musiker das zu verteidigen: "Die heutigen Hörgewohnheiten haben sich geändert, die Stimmung, die Raumverhältnisse. Auch wie der musikalische Geschmack damals wirklich war, wissen wir nicht. Einen authentischen Klang kann es deshalb nicht mehr geben. Aber durch Phrasierung und Artikulation, durch Stricharten und spezielle Klanggestaltung können wir trotzdem stilgerecht spielen." Also kein "Darmsaitenfetischismus?" "Jeder soll das tun, was er liebt und am besten kann, und unser großes Stammpublikum zeigt, daß es eben unsere Spielweise bevorzugt."

Das wichtigste Argument gegen historische Instrumente ist jedoch ein praktisches: Für Angehörige etwa der Staatskapelle oder des RSB ist der Wechsel zwischen alt und neu schon technisch nicht machbar. Wie überhaupt die Zugehörigkeit der meisten Musiker zu den großen Orchestern Berlins auch sonst die Arbeit einschränkt: "Wir haben viel mehr Dienste als früher", meint Susanne Schergaut, "und durch unser verschiedenes Gebundensein wird die Terminplanung immer schwieriger." Bei den diversen Musiksommern kommen im Juli noch sechs Konzerte zusammen, dann geht es eine Woche mit Peter Schreier in die Schweiz, zusätzlich mit der Staatskapelle nach Salzburg, dazu noch Schallplattenaufnahmen mit Daniel Barenboim. Bleiben neun Tage Urlaub. Aber lukrativ ist das doch wenigstens? Für die Arbeit im Kammerorchester gibt es gerade mal ein Taschengeld.

Doch vorerst überwiegt die Lust an der Sache alle Schwierigkeiten. So erwarten uns bei den Brandenburgischen Sommerkonzerten wieder Einblicke in das Leben der Familie Bach, während wir uns im Herbst "Emanuel Bach und die Folgen" zu Gemüte führen können. Alte Musik ganz neu entdeckt, die übrigens immer mehr ihre Fühler auch in das 20. Jahrhundert ausstreckt.

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