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Heiland und Gehörnter. Ewan McGregor spielt im Kammerdrama unter freiem Himmel eine Doppelrolle.

© Tiberiusfilm

Jesus-Film „40 Tage in der Wüste“: Der heilige Mann

Zu Ostern im Kino: Ewan McGregor wandert als Jesus in Rodrigo Garcías Bibelfilm „40 Tage in der Wüste“.

Zu Beginn, während schon ein scharfer Wind aus dem Off pfeift, heißt es weiß auf schwarz: „Zur Vorbereitung auf seine Missionen ging der heilige Mann in die Wüste, um zu fasten und zu beten und nach Lenkung zu suchen.“ Die Schilderung des Evangelisten Markus liest sich da schon um einiges süffiger: „Vierzig Tage lang war er in der Wüste und wurde vom Satan versucht. Mit den wilden Tieren war er zusammen. Und die Engel dienten ihm“ (Mk 1.13). Man ahnt es gleich: Drehbuchautor und Regisseur Rodrigo García hat mit „40 Tage in der Wüste“ einen ziemlich nüchternen Jesus-Film gedreht. Engel kommen nicht vor, auch keine wilden Tiere, keine sprechende Schlange und kein sprechender Löwe wie in „Die letzte Versuchung Christi“, Martin Scorseses Bibel-Film von 1988. Und der Satan muss zumindest auf Gehörn und Bocksfuß verzichten.

Irdisches Vater-Sohn-Drama

Die Farbenpracht der alten (meist alttestamentarisch inspirierten) Technicolor-Bibelschinken von Cecil B. DeMille vermisst man hier ebenfalls: Es geht realistisch zu, mit Naturlichtspiel und Erdtönen. Dafür entschädigen die gewaltigen Landschaftspanoramen, mit denen García die Erzählung eröffnet – als Kulisse für die gegerbte Gesichtslandschaft jenes „heiligen Mannes“, den Ewan McGregor angenehm zurückgenommen verkörpert. Gedreht wurde der Film in Kalifornien, im Anza-Borrego Desert State Park in der Sonora Wüste, Kameramann Emmanuel Lubezki (drei Oscars, Hauskameramann auch von Terrence Malick) setzt den Schauplatz wirkungsvoll ins Breitwandformat.

Rodrigo García, gebürtiger Kolumbianer, hat viel fürs Fernsehen gearbeitet, unter anderem für die Serie „Six Feet Under“. Zu seinen bekanntesten Kinowerken zählen die Gesellschaftsdramen „Mütter und Töchter“ und „Albert Nobbs“ mit Glenn Close. Warum dreht so einer jetzt einen Jesus-Film? García macht in der vergeblichen Anrufung des himmlischen Vaters und der existenziellen Sinnsuche rasch eine irdische Familienkonstellation aus, ein Vater-Sohn-Drama, bei dem auch der Mann Jesus keine Wunder wirken kann.

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Nach zehn Filmminuten trifft der heilige Mann mitten in der archaisch-mythischen Landschaft auf eine Kleinfamilie, die sich mit ziemlich aktuellen Problemen herumschlägt. Der Sohn im Teenageralter, der die Einöde gern gegen das sagenhafte Jerusalem tauschen würde, begehrt gegen seinen Vater auf. Dieser wiederum agiert in streng-liebevoller Patriarchenmanier: Er will nur das Beste für sein einziges Kind, kann das allerdings schlecht kommunizieren. Und die schwerkranke Mutter siecht auf ihrer Lagerstatt dahin.

Passionsgeschichte ohne Offenbarung

Der Fremde, der sich Yeshua nennt, macht sich zunächst bei der Arbeit nützlich. Nachts wird er von den Einflüsterungen eines Dämons heimgesucht, der ihm zum Verwechseln ähnlich sieht. Dessen nagende, zweifelnde, frevelnde innere Stimme bekommt so eine irritierend vertraute Identität. Tagsüber wird Yeshua dann gewissermaßen zum Vermittler im Vater-Sohn-Konflikt.

Ein Kammerspiel unter weitem Himmel, eine Versuchsanordnung, ein Gleichnis – samt bedeutungsschwerer Versatzstücke wie Stein, Seil , Messer. „40 Tage in der Wüste“ dramatisiert und psychologisiert nicht – da hilft es auch nichts, dass aus Ciarán Hinds’ knorriger Darstellung des Vaters manchmal etwas vom plakativeren „Game-of-Thrones“-Stil aufblitzt. Die letzten Sequenzen entschädigen dann aber in ihrer eigentümlichen Fragmentierung und Losgelöstheit für die mangelnde Passion in dieser doch recht anderen Passionsgeschichte. Keine Offenbarung, aber schön seltsam.

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Isabella Reicher

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